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Der Tarot-Garten der Niki de Saint Phalle!

Der Tarot-Garten der Niki de Saint Phalle!

Italien ist Weltmeister – nein, wir reden hier nicht über Fußball, sondern, wie es sich für einen Kulturblog gehört, über Kunst. Einer Schätzung besagt, dass 30%-50% aller Kunstschätze dieser Welt in Italien beheimatet sind. Unser südlicher Nachbar hat ungefähr 3800 Museen und 1800 archäologische Stätten – das ist weltweit die höchste Dichte an Museen.
Also, liebe Leute, lehnt Euch zurück und macht es Euch bequem, wir reisen heute in die landschaftlich wunderschöne Toskana und besuchen einen sehr ungewöhnlichen Ort, den vermutlich viele von Euch nicht kennen werden – den Tarot-Garten der Niki de Saint Phalle.Weltweit bekannt wurde die Malerin und Bildhauerin Niki de Saint Phalle mit ihren überdimensionalen Frauenkörpern der 60er-Jahre, die sie Nana taufte.

 

Etliche ihrer bunten Figuren zieren heute Plätze im öffentlichen Raum in ganz Europa.

 

Die Idee, einen eigenen Skulpturenpark zu schaffen, entstand beim Besuch dreier ungewöhnlicher Kulturstätten:
1. 1955 Besuch des „Park Güell“ des spanischen Architekten Antonio Gaudi in Barcelona.
2. Der skurrile Bau „Palais Idéal du Facteur Cheval“ des Postboten Ferdinand Cheval in Frankreich, den sie 1960 sah.
3. 1962 Besichtigung der „Watts Towers“ von Simon Rodia in Los Angeles, Kalifornien.

 

Bei einem Kuraufenthalt 1974 trifft Niki eine Freundin, Marella Caracciolo Agnelli, und erzählt ihr von ihrer Idee eines Skulpturenparks, der auf den Symbolen der Tarotkarten beruht. Sie kann die Freundin derart für die Idee begeistern, dass deren Brüder ein Grundstück aus Familienbesitz in der Toskana dafür zur Verfügung stellen. Die nächsten Jahre verbringt die Künstlerin, zurückgezogen in den Schweizer Bergen, mit der Planung der Figuren und der Anlage.

 

Ab 1978 beginnt Niki auf dem Gelände in der Toskana zu arbeiten. Die nächsten 10 Jahre beschäftigt sich die Künstlerin überwiegend mit dem Garten und wird dabei von Freunden, Einheimischen und Fans unterstützt, die tatkräftig mitarbeiten. Wertvolle und professionelle Hilfe erfährt sie auch von ihrem zweiten Ehemann, dem heute weltbekannten Objektkünstler Jean Tinguely.

 

1980 entstehen die ersten der 22 Figuren der Tarot-Trümpfe. Man kann sich leicht vorstellen, dass zwei Hektar Grund in einen Kunstpark zu verwandeln eine Menge Geld verschlingt, das durch Ausstellungen von Entwürfen und Modellen, aber auch durch ein eigenes Parfum der Künstlerin, zum Teil erwirtschaftet wurde. Befreundete Künstler und handwerkliche Betriebe, mit denen sie schon andere Projekte realisiert hatte, brachten ihr „Know How“ ebenfalls ein. Ohne die Mithilfe der Bevölkerung, die sich als Volontäre zur Verfügung stellten, wäre das Projekt kaum zu realisieren gewesen.

 

Die Figuren des Gartens werden teilweise begehbar gestaltet und Niki bezieht für die nächsten 7 Jahre die riesige Figur der Kaiserin als Wohnung und Atelier. Zu dieser Zeit hat die Künstlerin bereits die Idee die Skulpturen mit Keramik, bunten Glas und Spiegelstückchen zu schmücken. Die Keramiken werden alle, nach Anschaffung von Brennöfen, vor Ort gefertigt.

 

1991 stirbt Nikis Mann, Jean Tinguely, welcher ihr mit seinem mechanischen Wissen eine große Hilfe bei den Ausführungen war. Ihr Gesundheitszustand ist schon seit Jahren ein schlechter, denn die oftmalige Arbeit mit Polyester hat ihren Lungen beschädigt. Niki zieht aus klimatischen Gründen nach La Jolla, Kalifornien, richtet sich ein passendes Atelier ein, und arbeitet von dort aus am Tarot-Garten weiter.

 

Im Jahre 1998 ist es soweit – der Tarot-Garten wird im Mai offiziell für das Publikum eröffnet. Niki plant noch ein Labyrinth, jedoch der Tod der Künstlerin im Jahr 2002 beendet jegliche Weiterentwicklung der Anlage. Auf Grund ihrer eigenen Verfügung ist die Entwicklung des Gartens mit ihrem Tod abgeschlossen.

 

Liebe Leute, betritt man den Park führen gewundene Wege durch das gesamte Anwesen und man begegnet, nach und nach, allen 22 „großen Arkana“ (= die Trümpfe der Tarotkarten) in figuraler Form. Alle Objekte tragen die eindeutige Handschrift der Niki de Saint Phalle, jedoch ähneln sie einander in keiner Weise. Manche sind so massig wie der „Drache“, andere wiederum so fragil und feingliedrig wie der „Mond“.

 

Das gesamte Gelände ist von keinem Punkt aus in seiner Gesamtheit überschaubar und somit hinter jeder Wegbiegung überraschend anders. Teilweise sind Skulpturen mit Geräuschen vertont, andere lassen durch bewegliche Eigenschaften die Mitarbeit von Jean Tinguely erkennen.
Erfreut man sich momentan an der lebensbejahenden Form und Farbigkeit einer Figur, wechselt die nächste Ansicht nur mehr zu Spiegelfragmenten, wie im Wohnbereich der Künstlerin, innerhalb der Figur der „Königin“.

 

Alles ist Licht, Unebenheit, Farbe, Glas und Spiegel in Naturkulisse, denn der alte Baumbestand blieb selbstverständlich erhalten. Die Anlage liegt ein wenig abseits menschlicher Ansiedlung in toskanischer Landschaft.
Man wähnt sich in einer Zauberwelt, die einen vergessen lässt, dass auch ein Außerhalb noch existiert. Man muss auch keineswegs ein Kenner der Tarot-Symbole sein um die Schauwerte genießen zu können.
Verschiedene Formen und Symbole,

 

beschriebene Gehwege und prachtvolle Durchgänge,

 

bis zu 15 Meter hohe begehbare Skulpturen und verspielte Details,

 

alles lädt uns zur Kontemplation und zum Verweilen ein.
Diesen kurzen „You Tube“-Rundgang (4 Minuten) würde ich empfehlen:

Giardino dei Tarocchi de Niki de Saint Phalle

Liebe Leute, Niki de Saint Phalle hat 20 Jahre ihres Lebens an diesem Projekt gearbeitet und durch den Umgang mit den Materialien ihre Gesundheit eingebüßt. Bei der Frage, ob es das wert ist, werden die Meinungen unterschiedlich aussehen, jedoch eines steht außer Frage: Sie hat in der toskanischen Landschaft etwas Wunderbares für uns alle geschaffen, meint,
Euer Kultur Jack!

Foto Eingangsbild: Alessandro Bonvini

Youtube Video: Piero Angelo Camboni

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !