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Pauline Viardot-García – eine außergewöhnliche Frau

Pauline Viardot-García – eine außergewöhnliche Frau

Wir alle kennen zahlreiche Komponisten und deren Werke, aber wie viele Frauen in dieser Rolle könnt ihr aufzählen? Die Französin des heutigen Beitrags ist eine davon. Sie zählt zu den außergewöhnlichsten Frauen in der Musikgeschichte und gehört hiermit in unseren Musikblog.

Pauline Viardot-García, Fotografie von Pierre Petit (1860)

Pauline Viardot-Garcia, geb. Garcia (1821, Paris – 1910, Paris), war eine französische Opernsängerin (Mezzosopran), Pianistin, Gesangspädagogin, und eine Frau, die sich in der Männerzeit des 19.Jahrhunderts zu komponieren getraute. Die Musik war ihr nicht fremd, sie wuchs in einer Familie auf, wo Mutter und Vater Sänger waren. Ihre Wege waren so zu sagen vorgesehen. Die Pariserin hatte eine Schwester (Maria Malibran) und einen Bruder (Manuel Patricio Rodríguez García) die ebenfalls Sänger waren.

Aber das Außergewöhnliche an Paulines Stimme war, dass sie mühelos von Sopran zu Alt wechselte, was ihr viele Bewunderer einbrachte. Als Pianistin war sie genauso exzellent, sie erhielt immerhin Klavierunterricht, von Franz Liszt höchstpersönlich. Ihre Ausbildung als Sängerin bekam sie von ihrem Bruder Manuel, der ein großartiger Bariton, Gesangslehrer und Musikpädagoge war.

Das war der Beginn ihrer großen Karriere

Im März 1837 gab Pauline Garcia ihr Debüt als Konzertsängerin in Brüssel, und von Mai bis Oktober 1838 unternahm sie ihre erste Konzertreise durch Deutschland. In diesem Jahr erschienen auch ihre ersten gedruckten Kompositionen: Des Knaben Berglied VWV 1030 und Die Kapelle VWV 1017 nach Gedichten von Ludwig Uhland. Schon mit 18 bekam Pauline ihren ersten Bühnenauftritt und das in London.

Eine Ehre, eine Aufregung bestimmt, da viele von einer jungen Dame, mit so einer Musikfamilie hinter sich, viel zu erwarten hatten. Sie durfte das Publikum mit ihrer Stimme, in der Rossini Oper „Otello“, als Desdemona bezaubern. Was ihr auf jeden Fall gelang. Das war der Beginn ihrer großen Karriere. Zahlreiche Bühnenauftritte, viele Länder und spannenden Bekanntschaften, die sich zu Freundschaften entwickelt haben. In der Saison 1839/40 bekam sie ihr erstes Engagement am Pariser Théâtre-Italien, dessen Direktor Louis Viardot (1800-1883) war. So förderte sie nicht nur ihre Karriere, sondern auch das Liebensleben. Louis und sie verliebten sich und heirateten.

Pauline Viardot und Michot in Alceste, Fotografie von Eugène Disdéri (1861)

Pauline war sehr beliebt und bekam Engagement nach Engagement und brauchte jemanden an ihre Seite, dem sie vollkommen vertrauen konnte. Und wer sollte besser in diese Rolle passen als ihr Ehemann. Louis verließ seinen Posten als Theaterdirektor, wenige Wochen nach der Eheschließung, und wurde ihr Manager. Er vermittelte Engagements, schloss Verträge ab und organisierte und begleitete Paulines Konzertreisen. Mit ihren jungen 23 Jahren feierte sie triumphale Erfolge nicht nur auf den Opernbühnen von Paris, Madrid, Wien, London, Berlin und Dresden, sondern auch in Sankt Petersburg. Sie sah sich aber nicht nur in der Rolle der Opernsängerin, sondern auch als Mutter. Im Jahr 1841 bekam sie eine Tochter namens Louise Héritte-Viardot, die später auch als Komponistin bekannt wurde.

Zu den Kompositionen Paulines gehörte die Operette Le Dernier Sorcier („Der Letzte Zauberer“), die 1869 von Johannes Brahms im Haus Viardot dirigiert wurde. Sie schrieb Lieder nach französischen, italienischen, spanischen und russischen Texten (Puschkin, Turgenew) und bearbeitete unter anderem Musikwerke von Haydn, Chopin und Brahms für Klavier und Gesang. Eine bis heute gelegentlich aufgeführte Komposition ist die originelle Marche Militaire AMII, 203 AMS. Neben ihrer Karriere als Sängerin war sie auf hohem Niveau als Pianistin ausgebildet und trat einige Male mit ihrer langjährigen Künstlerfreundin Clara Schumann als Duo auf.

Pauline Viardot-García, 1908

Baden-Baden
Viel Zeit zum Komponieren ergab sich jedoch nicht, denn sie bekam drei weitere Kinder. In den Jahren 1852, 1854 und 1857 wurden die Kinder Claudie, Marianne und Paul Viardot geboren. Im Jahr 1859 kam sie zum ersten Mal nach Baden-Baden, Deutschland, und verlieh der Stadt damit einen besonderen künstlerischen Status. Bereits 1862, im Alter von 42 Jahren, hatte sich Viardot von der Bühne zurückgezogen, trat aber noch bis 1873 vereinzelt auf sowie bis in die 1880er Jahre in privatem Rahmen. Sechs Jahre später entschied sie sich mit ihrem Mann und den vier Kindern nach Baden-Baden zu ziehen und sorgte damit für die Entwicklung der Kurstadt zur internationalen Kulturstadt. Sie gab die Liebe zur Musik nicht auf.

In ihrer deutschen Heimatstadt veranstaltete sie Matineen und Soireen und konzentrierte sich aufs Komponieren und Unterrichten. Darüber hinaus gründete sie ein eigenes Opern-Haus, das Théâtre Viardot. Wie ich vorher erwähnte, schloss sie viele Bekanntschaften und Freundschaften mit großen Namen. Sie pflegte diese und machte daraus wunderschöne Veranstaltungen in ihrem Domizil in Baden-Baden. Man muss sich vorstellen, dass wir hier nicht nur von einem kleinen Haus reden, sondern von einer Villa, zu der auch ein Gartentheater und eine Kunst- und Vortragshalle gehörten. Dort trafen sich Musiker, Dichter, Maler und andere bedeutsame Persönlichkeiten ihrer Zeit.

Viardot und Clara Schumann, mit der sie von 1838 an eng befreundet war, führten in diesem Rahmen Werke von Robert Schumann, Frédéric Chopin und Johannes Brahms auf. Bei Viardots berühmten Matineen trug, unter anderem, der ebenfalls weltberühmte Pianist Anton Rubinstein Klavierstücke vor. Ihr ehemaliger Klavierlehrer Franz Liszt gehörte, ebenso wie Richard Wagner oder der Dichter Theodor Storm, zu den Gästen des Hauses Viardot in Baden-Baden. Sogar Camille Saint-Saëns widmete ihr seine Oper Samson et Dalila.

Ihr könnt euch schon vorstellen, was für eine Frau sie war – nicht nur eine großartige Musikerin, sondern sie hatte auch Ideen und Vorstellungen, die sie perfekt umsetzte. Sie war eine Dame, die wusste was sie will und schaffte mit ihrem Können Baden-Baden bis zum Kriegsbeginn des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71, zu einer Kulturstadt zu machen. Nach Beginn des Krieges entschloss sich die Familie Viardot zurück nach Paris zu ziehen. Dort hatte sie unter anderem Jules Massenet zum Durchbruch verholfen, in dessen Oratorium Marie-Magdeleine sie bei der Uraufführung am 11. April 1873 die Titelpartie (Sopran) sang. In Paris komponierte und unterrichtete Viardot bis zu ihrem Tod und führte einen musikalischen Salon.

Als Pauline Viardot-García am 18. Mai 1910 in Paris starb, hinterließ sie, neben der Erinnerung an ihre vielgerühmten Gesangsauftritte und ihren Einsatz als äußerst kompetente Gesangslehrerin, eine Vielzahl musikalischer Kunstwerke, die erst in jüngster Zeit wiederentdeckt wurden.

Eure Kultur Jacky

Beitragsbild: Pariser Salon der Viardot, 1835

Über den Autor

Kultur Jacky

Kunst und Kultur sind nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf. Ich bin sehr interessiert an allem was Menschen bewegt: An der Musik die uns berührt, an schönen Bildern und Büchern, die mich zum Nachdenken bringen.Ich tauche in die Welt der schönen Momente ein und genieße sie jeden Tag. Mehr über mich