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Das Burgundische Erbe

Das Burgundische Erbe

Vielfältig waren die Möglichkeiten, wie Kunstschätze ihren Weg in die Sammlungen der Museen fanden. Heute sind es meist Ankäufe der Institutionen, jedoch war es früher keine Seltenheit, dass durch kriegerische Konflikte, Objekte und ganze Sammlungen die Besitzer, über Landesgrenzen hinweg, wechselten. Eine sehr subtile und einnehmende Art Besitz zu vergrößern entwickelten, bereits sehr früh, die Habsburgischen Machthaber in Österreich: Die Heiratspolitik.

 

So gelang es Kaiser Friedrich III. (1415-1493) seinen Sohn, den späteren Kaiser Maximilian I. (1459-1519), als Heiratskandidaten für die Erbtochter des Burgunderherzogs Karl des Kühnen (1433-1477) erfolgreich zu positionieren. Maria von Burgund wurde, durch den überraschenden Tod ihres Vaters Karl in der Schlacht von Nancy (1477), die begehrteste und reichste Erbin Europas und Maximilian eroberte, als Sohn des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs, das Herz der Herzogin, und das Burgundische Erbe. Neben territorialen Gewinnen, die den Grundstein für den Aufstieg des Hauses Habsburg zur europäischen Großmacht legten, fanden auch kulturelle Schätze den Weg in die kaiserlichen Sammlungen.

 

Das „Ainkhürn“-Schwert, aus dem Besitz Karl des Kühnen, ging an seinen Schwiegersohn über, und zählt zu den Prunkstücken der Weltlichen Schatzkammer in Wien. Die dezente Dekoration mit Gold, Edelsteinen und Perlen, lenkt den Blick des Betrachters auf die dominierende Kostbarkeit des Objekts: den Griff und die Scheide. Als Material dafür wurde ein Stoßzahn des Narwals verwendet, der jedoch im Mittelalter für das legendumwobene Horn eines Einhorns galt. Dieser Stoßzahn, der bis zu 3 Meter lang und 10 Kilo schwer werden kann, wurde zu dieser Zeit um Unsummen gehandelt, und entwickelte sich, auf Grund des Mythos, zu Hoheitszeichen für weltliche (Szepter) und geistliche (Bischofsstäbe) Würdenträger.

 

Die Residenz Kaiser Friedrich III. in Wiener Neustadt, damals noch zur Steiermark gehörig, war eher von schlichter Hofhaltung geprägt.  Als Maximilian, erstmals als Vierzehnjähriger, Burgund besuchte, beeindruckte ihn das Zeremoniell des Fürstenhofes derart, dass das in Folge großen Einfluss auf die späteren Sitten und Riten des Hauses Habsburg hatte. Inbegriffen im Erbe Burgunds, war auch die Übernahme des Ritter- Ordens vom Goldenen Vlies, dessen Verleihung sich zur höchsten Auszeichnung des Hauses Habsburg entwickelte. Bis zum heutigen Tag ist die Mitgliedschaft in dieser kleinen, erlesenen Schar, für so manchen, ein Privileg höchster Rangordnung.

 

Welch erlesene Künstler der Burgundische Hof anzog, zeigen Arbeiten aus dieser Periode, wie der Burgundische Hofbecher. Der Pokal besteht aus mehreren, meisterhaft geschliffenen Bergkristallstücken, die in Gold gefasst wurden und mit Diamanten, Rubinen und Perlen geschmückt wurden. Ein ebensolches Kleinod ist die aus Gold und Email gefertigte Brosche, die ein Paar in einem Liebesgärtlein darstellt. Das aus dem Besitz Maria von Burgund stammende Schmuckstück zeichnet sich durch eine, um 1400, neu entwickelte Emailtechnik aus, die durch die aufgeraute Stofflichkeit der Kleidung des Liebespaares, wesentlich größere Realitätsnähe der Darstellung erzeugte. Der Besatz mit Juwelen und Perlen steigert den Luxus der 5cm kleinen Brosche noch beträchtlich.

 

Nach nur fünfjähriger Ehe starb Maria von Burgund bei einem Reitunfall und das Burgundische Erbe ging an ihre Kinder über. Von der kulturellen Hochblüte dieser Zeit, zeugen auch die textilen Exponate der Hinterlassenschaft. Dieses Antependium, eine Verkleidung des unteren Teiles eines Altars, stellt keine Szene aus der Passion Christus dar, sondern zeigt Gott bei der Präsentation des Leichnams seines Sohnes. Der Heilige Geist vervollständigt die Dreifaltigkeit, und umgebend sind die 12 Apostel dargestellt. Ausdrucksstärke der Gesichter, subtile Farbgebung und gekonnter Faltenwurf erheben das, um 1430 aus Leinen, Samt, Seide, Gold und Perlen gefertigte, Parament zu einem Meisterwerk höchster Rangordnung.

 

Die Verbindung des Hofes von Burgund und des Hauses Habsburg zählt zu den wichtigsten und weitreichendsten Ereignissen der österreichischen Geschichte, und besonders einnehmend daran ist, dass es nicht nur eine dynastische Verknüpfung, sondern auch eine der Herzen war.

Die Familie Kaiser Maximilian I. by Bernhard Strigel, Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie

Euer Kultur Jack!

Beitragsbild: Wappenkette für den Herold des Ordens vom Goldenen Vlies

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !