Die Kunst der Plattner
Liebe Leute, ich verwende in unserem Kulturblog ungern seltene Fremdwörter oder spezielle Begriffe der Kunstgeschichte, denn sie stellen mich vor zwei Probleme. Wenn ich sie nicht erkläre, denkt sich so mancher: „Wie arrogant und überheblich, anzunehmen, dass es jeder versteht.“ Übersetze ich sie, denkt sich so mancher: „Wie arrogant und überheblich, anzunehmen, dass ich es nicht verstehe.“ Also, wenn ich solche Wörter verwenden muss, dann erkläre ich sie auch, denn ich möchte den Kunstgenuss für jeden einfach gestalten. Und so sind wir bei dem Begriff „Plattner“ angekommen.
Nüchtern erklärt waren Plattner Schmiede, die auf die Herstellung von Plattenpanzern und Rüstungen spezialisiert waren und im Mittelalter eine eigene Zunft hatten. Der Beruf war körperlich sehr anstrengend, denn der große Teil der Arbeit wurde am erkalteten Material vorgenommen. Ein begabter Plattner konnte aus einer einzigen Metallplatte einen Vollhelm schmieden. Also, weniger nüchtern betrachtet waren sie keine Handwerker, sondern Metallkünstler.
Rüstungen, aus den verschiedensten Materialien, gab es seit Jahrtausenden, jedoch ab dem Spätmittelalter wurden sie aus Metallplatten gefertigt. Es gab Teil- und Vollpanzerungen des Körpers, jedoch der empfindlichste Bereich des Menschen war immer geschützt – der Kopf.
Auf meinen Streifzügen durch Kulturinstitutionen, um interessante Themen für unseren Kulturblog zu erkunden, stieß ich im Wiener Weltmuseum auf einen variantenreichen Gegenstand, den ich unseren LeserInnen nicht vorenthalten möchte – den Kopfschutz der Ritterschaft im Mittelalter.
Ich meine damit jedoch nicht einfache Kampfhelme – diese haben sich im Laufe der Jahrhunderte, auf Grund der Entwicklung von Gegebenheiten und Waffentechniken stark verändert. Die hier gezeigten Erzeugnisse dienten der Repräsentation und der Krönung von Prunkharnischen, deren ehemalige Besitzer meistens noch bekannt sind.
So wurde mancher Kopfschutz mit den Gesichtszügen von Tieren versehen, wie der „Fuchshelm“ von Kaiser Ferdinand I., zu dem es aber ein Wechselvisier mit menschlichem Antlitz gibt.
Für Turniere, die in der Faschingszeit veranstaltet wurden, kleidete sich die adelige Ritterschaft gerne in eigens dafür gefertigte Rüstungen, deren Helme skurrile Gesichter und Grimassen darstellten.
So entwickelten sich auch eigene Verkleidungsturniere und Festaufzüge, in einer dem Feiern und Vergnügen nicht abgeneigten Zeit, bei denen man sich in bizarren Erscheinungen zu überbieten versuchte.
Alltäglich gebräuchlichere Designs waren die sogenannte Form der „Hundsgugel“ und der „Froschmaulhelm“.
Auch war es nicht außergewöhnlich, zu Repräsentationszwecken, Harnische für Kinder anzufertigen. Den hier gezeigten bestellte Kaiser Maximilian I. für seinen Enkel Karl, den späteren Kaiser, in dessen Reich die Sonne nicht unterging.
Der Fantasie der Plattner war beim Konzept keine Grenze gesetzt, wobei jedoch Sicherheit und Zweckmäßigkeit im Vordergrund standen.
Aber auch der Kostspieligkeit waren keine Grenze gesetzt, wie man an dieser Sturmhaube mit dazu passendem Rundschild ersehen kann.
Der Schutz des Pferdes war für den Kämpfer nicht minder wichtig, denn in voller Rüstung vom Pferd zu fallen, kam einem Todesurteil gleich.
Der Wille zum Sieg konnte auch so weit gehen, dass sogar Kampfhunde eine Rüstung verpasst bekamen.
Liebe Leute, es ist schon eine faszinierende Zeitreise, in die Welt der Ritter einzutauchen, und als kleiner Ausflug vom Alltag in ein Universum des ungewöhnlichen Designs, kann ich sie nur jedem empfehlen.
Euer, Kultur Jack!
Beitragsbild: Sturmhaube Erzherzog Ferdinand II. um 1560, Foto: Kultur Jack