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Triumphwagen mit Göttin Minerva

Triumphwagen mit Göttin Minerva

Zwei Dinge habe ich mit Kaiser Rudolf II. (1522-1612) gemeinsam – denselben Vornamen und sein Faible für Tischautomaten. Potentaten, Fürsten und vermögende Sammler schufen sich gerne Kunst- und Wunderkammern um damit, auf Grund der breit gefächerten Sammlung, die Schöpfung in möglichst vielen Einzelheiten zu zeigen und dadurch ein hermetisches geschlossenes Weltbild präsentieren zu können.

 

Da es sich dabei meistens um sehr kostspielige Anfertigungen und Anschaffungen handelte, dienten solche Ansammlungen auch sehr oft Machtdemonstration und dem Verlangen nach Dominanz und Prestige. Durch die Seltenheit oder Neuheit der Objekte, eigneten sich diese aber vorzüglich der Unterhaltung bei Gesellschaften. Zu den kostspieligsten und technisch aufwendigsten Bestandteilen der Sammlungen zählten Automaten, da sie eine Kombination aus handwerklicher Kunstfertigkeit und hohem technischen Niveau verlangten. Rudolf II. besaß mehrere dieser kleinen Wunderwerke und auf ein Stück aus seiner Kunstkammer fiel diesmal die Wahl für das Kleinod des Monats- Triumphwagen mit Minerva (um 1620).

Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer Kunstkammer

Minerva ist die römische Göttin der Weisheit, der taktischen Kriegsführung und die Hüterin des Wissens. Ihr Pendant in der griechischen Mythologie ist die Athene.

 

Bei unserem Triumphwagen thront Minerva mit ihrem Attribut, dem Speer, in der Hand auf einem Korpus aus Ebenholz der, kunstvoll gearbeitet und mit beiderseits religiösen Motiven geziert, das Gefährt bildet. Dass der Automat nicht nur Spielzeug ist, sondern auch einen sinnvollen Zweck hat, zeigt sich beiderseits des Throns an den künstlerisch hochwertigen Zifferblättern einer Uhr, dessen Werk unter Minerva verborgen ist.

 

Goldene Pferde mit erhobenen Hufen auf ebensolcher Untergrundplatte, die eine unebene Landstraße imitiert, dienen der imaginären Fortbewegung der Kutsche. Gelenkt werden die Rösser von einem symbolisierten Löwen, der die Zügel des Gespannes in seinen Tatzen hält. Das Gefährt selbst rollt auf vier goldenen Rädern.

 

Das Innenleben des Triumphwagens beherbergt zwei Werke, wovon das Orgelwerk zwei verschiedene Musikstücke spielen kann. Das andere Werk treibt den Wagen selbst, und die Figuren an. Ist das Fahrzeug aufgezogen, fährt es in gemächlichem Tempo geradeaus dahin und aus der Orgel ertönt mehrstimmige Musik. Minerva auf ihrem Thron rollt mit ihren Augen und die Satyrn zu ihren Füßen imitieren mit ihren Blasinstrumenten die Erzeugung der Melodie, und bewegen sich seitwärts von links nach rechts.

 

Um das Laufen der Pferde und die Fortbewegung der Kutsche realistisch zu gestalten, laufen die Rösser in munteren Galopp. Das kleine Äffchen, welches auf der Rückseite des Wagens auf dem Platz des Lakaien sitzt, dreht sich ebenfalls seitwärts.

 

Die Renaissance war für die Geschichte der Technologie ein bedeutender Abschnitt in Europa, denn sie symbolisiert auch den Schritt aus dem Mittelalter. Der Schöpfer unseres technischen Wunderwerkes war der Augsburger Goldschmied und Wachsbossierer Achilles Langenbucher (1579-1650). Zu seinen speziellen Arbeiten zählten Spieldosen und Musikautomaten. Seine Nachkommen waren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in ähnlichen Berufen tätig.
Natürlich ist ein Automat oder eine Maschine am interessantesten in Bewegung zu betrachten, deshalb sei hier ein kurzes Video für Interessierte eingestellt.

Quelle Video: Kunsthistorisches Museum Wien, Youtube

Liebe Leute, da dieses Meisterwerk der Kunst und Technik uns noch heute Bewunderung und Faszination abverlangt, ist es leicht verständlich, dass es auch den Habsburger Kaiser, vor 400 Jahren, in Begeisterung versetzte.
Euer Kultur Jack!

Beitragsfoto: Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer, Detail

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !