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Georg Scholz und die „Neue Sachlichkeit“!

Georg Scholz und die „Neue Sachlichkeit“!

In unserem Kulturblog existiert bereits einen Beitrag über einen Maler der Kunstströmung „Neue Sachlichkeit“ – den Österreicher Franz Sedlacek. Ich bin eine großer Liebhaber dieser Richtung, denn ich finde es sehr bemerkenswert, dass zwischen zwei wilden, gestischen, expressiven Phasen der Kunstgeschichte, eine derart realistische und gegenständliche Malweise die Kunstliebenden zu Begeisterung hinreißen konnte. Der Protagonist unseres heutigen Beitrags zu diesem Thema ist ein Deutscher – Georg Scholz.
Das Kind Georg erblickte 1890 in Wolfenbüttel, Niedersachsen das Licht der Welt, wurde achtjährig Halbwaise und wuchs danach als Pflegesohn bei dem deutschen Physiker Julius Elster auf.

 

Als nach der Schule der Wunsch erwachte Maler zu werden studierte er von 1908-1914 an der Karlsruher Akademie als Meisterschüler beim Spätimpressionisten Wilhelm Trübner und danach ein Semester in Berlin bei Lovis Corinth. Scholz arbeitete anfangs, beeinflusst durch Trübner, in impressionistischer Manier.
Der Beginn des 1. Weltkriegs ließ ihn nicht, wie viele andere, in Jubelschreie ausbrechen und die Erlebnisse und Gräuel an verschiedenen Kampffronten änderten seine Weltsicht und Malweise. 1919 gründet er mit ehemaligen Studienkollegen die Künstlergruppe RIH, benannt nach Winnetous Hengst in Karl Mays Erzählungen.

 

Stilistisch näherte sich die Gruppe dem Dadaismus und Kubismus und man nahm,1920, an der „Ersten internationalen Dadamesse“ teil. Georg Scholz entfernte sich, Mitte der 20er- Jahre vom Impressionismus, den er zugunsten einer realistischen, altmeisterlichen Malweise aufgab, die auch nicht mit Sozialkritik sparte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit Entwürfen für Zigarrenkisten, Reklame und Illustrationen für Kinderbücher.

 

Die Neue Sachlichkeit
1923 ersuchte der Direktor der Kunsthalle Mannheim, Gustav Hartlaub, verschiedene Kritiker und Galeristen ihm Künstler zu nennen, „die in den letzten zehn Jahren weder impressionistisch aufgelöst, noch expressionistisch abstrakt, weder rein sinnenhaft äußerlich, noch rein konstruktiv innerlich“ gemalt hätten. Weiters meinte er, dass man der Ausstellung etwa den Titel „Neue Sachlichkeit“ geben könnte, nicht ahnende, dass er damit den Begriff einer Kunstströmung aus der Taufe hob, der sich bis heute nicht verändert hat.
Auf Grund organisatorischer Schwierigkeiten fand die Ausstellung erst zwei Jahre später statt und sie zeigte 124 Bilder von 32 Künstlern – unter ihnen kommende Künstler von Weltruf wie, Max Beckmann, Otto Dix und George Grosz.

 

Die Ausstellung war nicht die am häufigsten besuchte  in diesem Jahr in Mannheim, jedoch die Resonanz, die sie in der Presse, über ganz Deutschland verteilt, erfuhr, war enorm. In abgeänderter Form wurde sie auch in anderen deutschen Städten gezeigt.
1933 wollte Gustav Hartlaub das Thema in einer neuen Ausstellung nochmals aufgreifen, wurde jedoch von den Nationalsozialisten seines Amtes enthoben.
Zusammengefasst ist die Neue Sachlichkeit eine Renaissance der Welt des Sichtbaren. Die Gattungsmalereien, wie Landschaft, Akt, Porträt und Stillleben wurden wieder zu wichtigen Themen, und etliche Alltagsgegenstände, die bis dahin keinen Platz in der Malerei fanden, wurden abbildungswürdig. Auch wenn die Bilder das moderne Leben und den technischen Fortschritt zeigen, sind sie trotzdem in altmeisterlicher Manier und Formauffassung gestaltet.

 

Georg Scholz schuf zwischen 1922 und 1930 wichtige Werke dieser neuen Kunstströmung, war somit Teilnehmer an der Mannheimer Ausstellung und dort prominent vertreten. Im gleichen Jahr der Ausstellung, erhielt Scholz eine Professur an der Badischen Landeskunstschule Karlsruhe.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zählte der Künstler zu den Ersten die aus dem Lehramt entlassen wurden. Seine Arbeiten wurden aus Museen entfernt und teilweise vernichtet, er als „entarteter Künstler“ diffamiert und mit Berufsverbot belegt.

 

Die Jahre bis Kriegsende 1945 waren eine schwere Zeit, denn er verbrachte sie in wirtschaftlicher und psychischer Not. Knapp einer Einlieferung in´s KZ entkommen zog er sich 1935 nach Waldkirch zurück und fristetet seinen Unterhalt mit Porträtaufträgen, die ihm Freunde vermittelten. Die nächsten 10 Jahre waren auch durch Angst vor Übergriffen, Bespitzelung und Willkür durch die Gestapo geprägt.
Nach Kriegsende, gesundheitlich geschwächt, wurde er, auf Grund seiner integeren Haltung gegenüber dem NS-Regime, von der französischen Besatzungsmacht zum Bürgermeister von Waldkirch ernannt.
Der ersehnte Neubeginn war aber nur ein vermeintlicher, denn die neue Aufgabe überstieg die Kräfte des Malers und er starb nur 40 Tage später an Herzversagen.

 

Versuchen einiger Künstler, nach dem Krieg, bei der „Neuen Sachlichkeit“ weiterzuarbeiten, wo man aufgehört hatte, war kein Erfolg beschieden, denn wieder hatte sich die Welt gewandelt und der „Abstrakte Expressionismus“ stand vor der Tür der Kunstwelt. Die „Neue Sachlichkeit“ geriet ein wenig in Vergessenheit und erlebte erst im Sog der Pop-Art, in den 60ern, eine Renaissance.

Liebe Leute, wenn sich jemand fragen sollte, warum ich hier Georg Scholz und nicht die Superstars dieser Kunstrichtung, Otto Dix oder George Grosz, porträtiere erhält die Antwort durch einen Grundsatz unseres Blogs: Superstars sind weltweit präsent und immer im Fokus des Kunstinteresses. Jedoch Künstler, wie unser heutiger Protagonist, entfacht durch seine scheinbare Anonymität augenblicklich weit höhere Neugier und wird dadurch in unserem Kulturblog weit nach vorne gereiht.

 

Für mich ist es, nach vielen Jahren in Ausstellungen und Museen, noch immer ein aufregender und emotionaler Moment neue Kunst zu entdecken – und den Genuss an dieser Art von Sammlertätigkeit, würde ich gerne an die Leser weitergeben,
Euer Kultur Jack!

Eingangsbild: Selbstbildnis vor Litfaßsäule 1926, © The Athenaeum.org

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !