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Ein Märchenschloss in Niederösterreich

Ein Märchenschloss in Niederösterreich

Liebe Kultur-Checker,
neues Monat, neues „Kleinod“ an der Reihe. Ein Kleinod, das Geschichte erzählt. Ein Ort, für diejenigen, die über den letzten österreichischen Kaiser und sein Leben mehr erfahren möchten! Wer ER war und warum dieser Ort so besonders ist, erzähle ich euch hier.

Abendstimmung Schloss Eckartsau ©Schiffer

Ich und Kultur Jack haben dieses wunderschöne Märchenschloss entdeckt und waren sofort davon überzeugt, dass es einen Beitrag WERT ist. Der Kulturblog ist genau die richtige Plattform mehr darüber zu erfahren und diese barocke Pracht zu präsentieren. Und wo könnte es doch besser passen, als in unserer Schmuckstück-Kategorie „Kleinod des Monat“.

 

Der Grundstein
Das Schloss und seine Geschichte liegen weit zurück, im 12. Jahrhundert, in der Epoche der Babenberger. So viel sich nachweisen lässt, rückblickend in die Vergangenheit, waren die ersten urkundlichen Herren von Eckartsau Rudmar und Heinrich. Ebenfalls nachweisbar folgten mehrere Familien auf Eckartsau: seit 1507 die Volkenstorfer, danach die Freiherren von Teufel, die Grafen Khuen-Belasy, in den 1650er Jahren die Familie Loos und schließlich die Familie Herberstein. Viele Namen und Jahre die es dazu gemacht haben, dieses „Wasserschloss“ zu sein, wie wir es heute entdecken. Es liegt am Südrand des Marchfeldes, eine halbe Autostunde von Wien entfernt, und eine Holzbrücke verschafft den Zugang dazu.

Das Juwel
Ja, das Wort passt ganz gut, liebe Kultur-Checker. Im Jahr 1720 erwarb der böhmische Hofkanzler Franz Ferdinand Graf Kinsky das Schloss und verhalf ihm zu barocker Pracht! Er begann es umzugestalten um aus ihm einen repräsentativen Wohnort zu machen. Und das gelang ihm, wie ihr selbst an den Fotos sehen könnt – eine lichtdurchflutete Eingangshalle mit imposanter Treppe im Erdgeschoß und ein wirklich prächtiger Festsaal im Obergeschoss.

 

 

Sie ist nicht zu übersehen, die beeindruckende Jagdgöttin Diana, die uns schon am Beginn der Schlossanlage „begrüßt“. Aber wusstet ihr auch, dass sie im Barockzeitalter auch als Vorbild der adeligen Frauen galt? Ja, das war sie, eine Göttin!

 

Vieles macht das Schloss zu einem Juwel – das schon erwähnte Treppenhaus, das Deckengemälde von Daniel Gran, welches sich im Festsaal befindet. Ein Ort wo rauschende Bälle und glanzvolle Empfänge stattfanden. Jedes Kunstwerk im Saal, ist faszinierend. Betritt man ihn, fühlt man sich sofort magisch angezogen von allem was einen umgibt. Ob die Laternen beim Eingang, die wunderschönen Türen oder auch die vielen Skulpturen, an ihnen  sieht man, welch großartige Meister an der gesamten Anlage gearbeitet haben. All das ist das Schloss.

Das Goldkabinett und die Kapelle

 

Graf Kinsky hat es in der Mode des Barock ausgestattet, aber er war auch ein Freund des Exotischen. Und das ist an dem Kabinett zu sehen, welches als ein „chinesisches Kabinett“ ausgestattet ist. Ihr könntet selbst sehen, wie einzigartig die Wände sind-aus weißer Chinaseide. Das Raum hat so viel zu bieten-der Aufsatz des Kamins, der 300 jährige Parkettboden, die Möbelstücke und und und… Aber überzeugt euch selbst.

Liebe Kultur-Checker, die Entdeckungsreise geht weiter :). Eine Kapelle darf natürlich in einem Schloss nicht fehlen! Umgestaltet ab dem Jahr 1722, im Auftrag des Grafen Kinsky, und mit barocken Deckenfresken ausgestattet. In dieser Kapelle ruhen auch die Gebeine des Heiligen Theodor. Sie wurden dem Grafen von Papst Innozenz XIII, als Reliquie, zum Geschenk gemacht.

Das Jagdschloss
So benannt, da dort zahlreiche Jagdveranstaltungen stattfanden. Nach dem Tod des Grafen Kinsky ging das Schloss in den Besitz seiner beiden Brüder über. Im Jahr 1760 erwarb Kaiser Franz I. Stephan, der großen Gefallen am reichen Wildbestand fand, die Immobilie von den Erben Kinskys. Unter ihm, dem Gemahl von Maria Theresia, starteten diverse Umbau- und Renovierungsmaßnahmen, da, beispielsweise, noch der alte Wassergraben um das Gebäude floss. Weitere Räume wurden repräsentativ ausgebaut – der Westflügel wurde schon zur der Zeit Kinskys prunkvoll gestaltet.

 

In dieser Zeitepoche verlief die Donau derart, dass man Eckartsau mit dem Schiff erreichen konnte. Nach der Regulierung des Stromes, im 19. Jahrhundert, war dies nicht mehr möglich. Als Maria Theresia starb, stand das Gebäude eine Generation leer und war unbenutzt. Das Schloss im Marchfeld wurde durch die häufigen Überschwemmungen in dieser Region stark in Mitleidenschaft gezogen. Dies veranlasste Maria Theresias Enkel, Kaiser Franz I., zu folgendem Zitat:
„Ihr habt’s mir mein Eckartsau schön zug‘ richt!“

Der Thronfolger
Erzherzog Franz Ferdinand d‘ Este plante der Umbau des Schlosses zusammen mit dem Baurat Viktor Siedek im Jahren 1897/98 zu einem wohnlichen Landsitz. Er war selbst gestalterisch tätig und wichtig war für ihn die Bequemlichkeit und der Komfort. Obwohl als eher konservativ angesehen, zeigte er sich aber sehr aufgeschlossen gegenüber den baulichen Änderungen und der Technik. Das ist deutlich zu sehen im Badezimmer- wo eine Einbauwanne und Dusche Neuerungen waren; eine Toilette mit Wasserspülung und auch etwas ganz Neues für die Zeit – der Prototyp eines Staubsaugers!

 

Aber da hörte sein Interesse an den aktuellen Entwicklungen der Elektrizität nicht auf! Nach dem Durchbruch der Erfindung der Glühbirne im Jahr 1879, durch Thomas Alva Edison, begannen im Schloss wieder Umbauarbeiten. Es wurden überall elektrische Leitungen verlegt, aber unter Berücksichtigung eines „schonenden“ Umgangs mit der Original- Ausstattung. Bei den Lüstern des 18. Jahrhundert wurden die Kerzenhalter durch Glasschalen ersetzt. Das ermöglichte auch Blendschirme aus Textilien herzustellen, da die Brandgefahr durch die bisherigen Kerzen nicht mehr gegeben war.

Historische Trophäe (Mufflon)
© ÖBf-Archiv C. Panzer

Die große Leidenschaft des Erzherzogs war die Jagd – rund 275.000 erlegte Wildtiere! Seine Jagdtrophäen schmücken bis heute noch das Schloss und ebenfalls zu sehen sind einige historische Fotografien aus dem Jahr 1908, die an den Besuch des deutschen Kaisers Wilheilm II. in Eckartsau erinnern. Über den Besuch wurde auch in der „Illustrierte Zeitschrift für Jagd, Fischerei und Schützenwesen, Waidmanns Heil“ berichtet, wo der Erfolg des zweitägigen Jagdbesuches des deutschen Kaisers -33 Hirsche – erwähnt wurde. Franz Ferdinand nahm damals nicht aktiv an dem Jagd teil an. Ihm war wichtiger, dass sein hoher Gast ein möglichst großes Vergnügen an dem Jagdbesuch hat.

Kaiser Karl I. von Österreich mit Kaiserin Zita und den Kindern Felix, Robert, Otto und Adelheid. Foto, 1917 © Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU

Der letzte Kaiser
Kaiser Karl I. zog mit seiner Gattin Zita und ihren Kindern im November 1918 von Schönbrunn ins Schloss Eckartsau. Begleitet von wenigen Bediensteten, begann für die kaiserliche Familie eine schwere Zeit. Eine Zeit voller Hoffnung, aber wenige Stunden nach dem sie ankamen, wurde vor dem Parlament die Republik ausgerufen. Der Monarch wurde entthront.

In Eckartsau, am 13.November 1918, zwei Tage nach seiner Anreise, unterzeichnete Karl eine Erklärung, dass er auf eine Beteiligung an der Regierung in Ungarn verzichtete. Er richtete sich auf einen längeren Aufenthalt im Schloss ein und hoffte auf eine politische Wende zu seinen Gunsten.

 

 

 

Die Zeiten waren schwer, die Familie musste sich auf einen bescheidenen Lebensstil umstellen: das Essen war nicht ausreichend, auch die Seife fehlte und die gewohnten Toiletteartikel, der Stromgenerator wurde nur in geringem Ausmaß eingeschaltet und Kerzen als Ersatzbeleuchtung benutzt. Die schlimme Zeit nahm kein Ende – die Spanische Grippe war im Umlauf. Am Schwersten hat die Krankheit das jüngste Kind, Karl Ludwig (18 Monate), betroffen, aber er überlebte. Kaiser Karl I. hatte sich auch angesteckt und es wurden Maßnahmen dagegen unternommen – ab Dezember 1918 konnten keine offiziellen Besuche mehr stattfinden.

Die Bibliothek

 

Bestimmt bleibt sie für mich und Kultur Jack ein Highlight des Schlosses. Als wir eintraten, fehlten uns die Worte. Ein beeindruckender Raum, Holzvertäfelungen mit kleinen Verzierungen, all die Bücher die einst von der kaiserlichen Familie gelesen wurden… All das und ein Christbaum. Nein, liebe Kultur-Checker, es war nicht Weihnachten zu dieser Zeit. Der Baum symbolisierte den letzten Heiligen Abend und erinnert daran. In dieser Bibliothek, mit Wohnkomfort von Franz Ferdinand ausgestattet, wurde, im Dezember 1918, das letzte Weihnachtsfest der Habsburger Kaiserfamilie auf österreichischem Boden gefeiert. An diesem Abend durfte nichts fehlen, erinnerte sich die Kaiserin Zita. Unter dem Baum befanden sich Geschenke, aber natürlich nicht mehr von kaiserlichem Ausmaß. Sie beschenkte sogar Ihre Angestellten und jeder bekam etwas Persönliches von ihr- Schmuck und Kleiderstoffe für die Damen, die Herren Taschenuhren, Tabakdosen oder Zigarren-es war Weihnachten für jeden in diesem Schloss! Es fand an dem Abend ein festliches Essen statt, bevor die Familie um Mitternacht die Schlosskapelle besuchte.

Kaiserkrone Österreich © Wikimedia

Die Monarchie und dessen Ende
Nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph und der Niederlage im Ersten Weltkrieg hatten die Siegermächte und das Volk genug von den Habsburgern. So musste Kaiser Karl in Eckartsau verweilen und von dort die politische Entwicklung mitverfolgen. Anfang Jänner 1919 wollte der damalige Staatskanzler Karl Renner bei einem Besuch den Kaiser dazu bewegen das Land zu verlassen. Der Frust des österreichischen Volkes war so groß, dass der Staatskanzler um die Sicherheit der Kaiserfamilie stark besorgt war. Sogar der englischer König George V. entsandte Colonel Edward Lisle Strutt zum Schutz der österreichischen Kaiserfamilie. Nach der ersten Parlamentswahl war ein Verbleib für Kaiser Karl I. in Österreich nicht mehr möglich. Das letzte Dinner im Schloss fand am 23. März 1919 statt. Die Menükarte ist noch heute dort zu sehen und zeigt die Speisenwahl des letzten Abendessens- Frittatensuppe; verschiedene Filets vom Wild mit Gemüse serviert zur Hauptspeise und als Dessert gab es Weichselschnitten mit Kaffee.

Am 23. März 1919 um 18:55h fuhr eine Limousine mit der kaiserlichen Familie am kleinen Bahnhof von Kopfstetten vor. Zu Abreise kamen etwa 2.000 Menschen um den letzten Habsburger Kaiser zu verabschieden.

Durch die Verzichtserklärung Karls, sämtliche Besitztümer der Habsburger der Republik zu übertragen, wurden die Eckartsauer Jagdgebiete samt Schloss dem Kriegsentschädigungsfonds zugesprochen.

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde das Schloss der Wohnsitz eines russischen Kommandeurs. Der Osten Österreichs war bekanntlich Besatzungszone der russischen Soldaten. Als die Besatzungsmächte im Jahr 1955 das Land verließen, wurde das Schloss Schritt für Schritt renoviert. Über vier Millionen Euro investierten beispielsweise die Bundesforste.

Schön, dass das Schloss Eckartsau heute in so einem wunderbaren Zustand ist. Ich finde, dass sich diese Investition gelohnt hat. Das Juwel in den Donauauen hätte sich durchaus mehr Besucher verdient, als es zurzeit der Fall ist. Also nichts wie hin,

Eure Kultur Jacky

Noch mehr Informationen zum Schloss findet ihr HIER.

Beitragsbild © ÖBf-Archiv C. Panzer

Über den Autor

Kultur Jacky

Kunst und Kultur sind nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf. Ich bin sehr interessiert an allem was Menschen bewegt: An der Musik die uns berührt, an schönen Bildern und Büchern, die mich zum Nachdenken bringen.Ich tauche in die Welt der schönen Momente ein und genieße sie jeden Tag. Mehr über mich