Papst mit Pferden im Guggenheim
Maurizio Cattelan
Eines vorweg – Cattelan ist kein Maler, kein Bildhauer und auch kein Performance-Künstler. Was ist er dann? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil er nicht wirklich in irgendeine Schublade passt.
Liebe Leute, ich stelle euch am besten einige seiner Aufsehen erregenden Arbeiten vor, möglicherweise ist es dann gar nicht mehr nötig ihn irgendwo einzuordnen.
„La Nona Ora“ zeigt eine liegende Wachsfigur von Papst Johannes Paul II, welche von einem Meteoriten getroffen wurde. Der Titel bezieht sich auf die Todesstunde Jesus. (1999)
„Him“ ist eine Figur die einem knienden Knaben ähnelt, nur das Gesicht ist jenes von Adolf Hitler. Gerne wurde das Objekt am Ende eines langen Ganges, mit dem Gesicht zur Wand ausgestellt um den Überraschungseffekt zu maximieren. (2001)
„Mother“ war sein Projekt auf der Biennale in Venedig, wo jeden Tag ein lebender, indischer Fakir begraben wurde, bis nur mehr seine gefalteten Hände sichtbar waren. (1999)
Bei „Another Fucking Readymade“ stahl er die gesamte Ausstellung eines anderen Künstlers in einer nahegelegenen Galerie mit der Idee sie als seine Werke auszugeben. Erst die polizeiliche Androhung seiner Verhaftung ließ in das Entwendete zurückbringen. Der Titel bezieht sich auf die „Readymades“ von Marcel Duchamp. (1996)
Auf einer früheren Biennale vermietete er eine ihm zugewiesene Fläche an eine Werbeagentur, welche Produktwerbung für ein Parfüm dort installierte. (1993)
Das Projekt „America“ war die Installation einer voll funktionierenden Toilette im öffentlichen WC- Bereich des Guggenheim – Museums, die auch von jedermann benutzt werden konnte. Das ungewöhnliche daran – sie war aus 18karätigem Gold. Sie war auch noch eine Langzeit – Installation und fast ein Jahr in Betrieb. (2016)
Also was ist Maurizio Cattelan? Eines ganz sicher – ein Provokateur! Aber ein humorvoller, wenngleich seine Objekte teilweise an Tabus rühren – wie Papst und Hitler. Seine Werke erzielen auf Auktionen hohe Preise – die Hitlerfigur generierte, vor 3 Jahren, einen Erlös von 17,2 Millionen Dollar. Er zählt zu den populärsten, aber auch umstrittensten Künstlern der Gegenwart.
Seine Objekte beschäftigen sich oft mit der Auseinandersetzung des Einzelnen mit den Widersprüchen der Gesellschaft. Immer wieder tauchten in seinen Arbeiten präparierte Tiere auf, die Gefühle und Wünsche der Menschen als Projektions-Träger verkörpern. Dem Künstler selbst sind detaillierte Beweggründe für eine Arbeit, wie sehr oft in der Kunst der Gegenwart, sehr selten zu entlocken.
Liebe Leute, ich kannte Maurizio Cattelan nicht und dann sah ich 2011 eine Retrospektive seines Werkes im New Yorker Guggenheim Museum. Die Kreativität der Präsentation seiner Arbeiten hat mir echt die Luft genommen. Denn anstatt die Objekte in der dafür vorgesehenen Spirale des Museums aufzustellen, wählte er eine komplett andere Variante – er präsentierte sie an Seilen hängend, über alle Stockwerke, von oben nach unten, im leeren Mittelraum des Museums den Besuchern. Was für ein optisches Spektakel war dieses überdimensionale Mobile!
So ziemlich sein komplettes Schaffen wurde dort gezeigt! Vom selbstmörderischen Eichhörnchen bis zum Ku Klux Klan- Elefanten.
Was für eine publikumswirksame Präsentation seiner anderen ausgestopften Tiere! Von den Pferden,
zu den Eseln und Hunden,
sowie Kühen und den Bremer Stadtmusikanten.
„La Nona Ora“ und „Him“ waren natürlich auch vertreten.
Cattelan ist nicht nur beim Publikum, sondern auch bei der Kunstkritik sehr umstritten, jedoch man muss objektiv genug sein um dem Gesamteindruck dieser Retrospektive seine Würdigung zu erweisen.
Cattelan hat bei dieser Retrospektive seinen Rückzug aus dem Kunstbetrieb postuliert, was aber von ihm, in der Zwischenzeit, relativiert wurde.
Wie bei jedem Künstler, so sollte sich auch bei Maurizio Cattelan jeder Kunst-Interessierte seine eigenen Meinung bilden und das Gefallen zu seinem Werk ausloten. Es steht ja jedermann frei, zu was auch immer, Ja oder Nein zu sagen. Ich habe in erster Linie diesen Beitrag geschrieben um Euch, lieben Leuten, zu zeigen, welch außergewöhnlichen Weg ein Künstler beschreiten kann, um sein Gesamtwerk der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Sollte mir jemand vorwerfen, dass diese Abhandlung nichts für die Rubrik „Malerei“ ist, muss ich dagegenhalten, dass sie in die anderen Rubriken noch weniger passt.An großen Teilen seines Schaffens Gefallen zu finden, scheut sich nicht zu gestehen,
Euer Kultur Jack!
P.S. Für Interessierte – ab 25.April bespielt das Kunsthistorische Museum den Theseus-Tempel im Wiener Volksgarten mit einem Objekt von Maurizio Cattelan.