Bezoare – ein seltenes Naturprodukt als Kunstobjekt
Was ist ein Bezoar? Manche werden es wissen, aber andere vielleicht nicht, darum ist hier eine Erläuterung angebracht.
Einfach gesagt, ist es eine Verklumpung von unverdaulichen Materialien, die sich im Magen eines Tieres ansammeln. So etwa bei Katzen oder Greifvögeln das Fell von Beutetieren, welches später wieder hochgewürgt und ausgeworfen wird.
Bei Wiederkäuern entstehen häufig Bezoare durch das Ablecken des eigenen Felles und sie bleiben dann manchmal im Verdauungstrakt des Tieres zurück. Durch den langen Aufenthalt und das Herumwälzen im Verdauungssystem des Tieres werden diese Ansammlungen mit einer harten Kruste überzogen, und deshalb nennt man sie „Bezoar-Steine“.
Nun gut, mancher wird sich jetzt, nicht unberechtigt, fragen, was soll diese unappetitliche Geschichte in einem Kulturblog und noch dazu in der Rubrik „Kleinod“? Liebe Leute, oft ist es so, dass erst das End- und nicht das Ausgangsprodukt uns begeistert, so ist es etwa beim Diamanten – direkt aus der Mine ist er einer unter vielen, jedoch geschliffen ist er der König unter allen Steinen.
Schon im Altertum wurde Bezoaren, die auch „Magensteine“ genannt werden, magische Heilkräfte zugeschrieben und sie wurden auch teilweise zu einer mystischen Beeinflussung des Wetters genutzt. Über Asien und Arabien kam der Gebrauch dieser Steine im 12. Jahrhundert nach Europa.
Hier wurden sie in erster Linie als Gegengift verwendet – der Name Bezoar stammt von dem persischen Wort „Padzahr“ und bedeutet Gegengift. Mit der Einnahme wurden Krankheiten, Epilepsie, Bauchschmerzen „geheilt“, Frauen vor der Geburt eines Kindes behandelt, aber vor allem bei Vergiftungen schworen die Patienten darauf. Schlangen- und Insektenbisse, pflanzliche oder Pilzvergiftungen, all das wurde damit versucht zu kurieren. Man hielt es für ein Allheilmittel, was es natürlich nicht war.
Die magische Aura, die diese Objekte umgab, drang bis in die höchsten Kreise vor, und aus diesem Grund finden wir heute, außergewöhnlich große Exemplare, kostbar gefasst in einigen bedeutenden Museums – Sammlungen. Sie wurden auch teilweise an Kettchen getragen, um sie damit in Getränke eintauchen zu können.
In Salzburg wurden, im 17. Jahrhundert, in der bischöflichen Hofapotheke für jeden Magenstein den Jägern 2 Gulden bezahlt. Es ging so weit, dass der Aberglaube, Bezoare machen unverwundbar, fast zur Ausrottung des Steinwildes in Europa führte.
Unser heutiger Beitrag, liebe Leute, befasst sich natürlich mit den außergewöhnlichen, von Goldschmieden kostbar ausgestatteten, Exemplaren dieser Erscheinungen. Und deshalb führt uns unser Weg wieder einmal in die Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien. Es gibt dort mehrere, zu Kleinoden umgestaltete Bezoare, in verschiedenen Größen und Formen.
Kostbarste Materialien wurden nicht gescheut, wie man am Bezoar unseres Eingangs-Bildes sieht. Drei goldene Löwen mit Rubin-Augen tragen den Stein, der auf einem Kranz aus Gold und Smaragden ruht.
Vier, von drachenähnlichen Wesen getragene Bänder, führen zum oberen Ende des Steins und münden in einen kronenbesetzten Abschluss, welcher auch ein Kreuz trägt – und die Materialien wieder Gold und Smaragde.
Bezoare werden bis in die heutige Zeit verwendet, vor allem in der chinesischen Medizin, und die Preise dafür sind erstaunlich hoch. 2017 wurde ein 140 Gramm schwerer Magenstein eines Hausschweins auf € 400.000.- geschätzt. In China werden aber auch künstlich hergestellte, so genannte „man made bezoare“, als Heilmittel verwendet.
Auch ihre Mystik haben die Magensteine bis heute nicht verloren, denn sie tauchen sogar in 2 Bänden von „Harry Potters“ Abenteuern auf, einmal davon als Gegenmittel bei einer Vergiftung.
Liebe Leute, wie man sieht kann selbst so ein fragwürdiges Objekt, wie ein Magenstein, zum Kleinod werden, wenn ihm der Mensch die nötige Aufmerksamkeit und die passende, kostbare Fassung schenkt, meint.
Euer Kultur Jack!