Tischkultur der Renaissance
Liebe Leute, ich weiß nicht welche Intentionen andere Blogger haben, jedoch meine sind mir klar: Ich möchte, dass die LeserInnen sich über Kulturschaffende und deren Arbeiten informieren, Unbekanntes entdecken oder einfach digital schmökern können. Jedoch auch ich profitiere geistig von meinen Beiträgen, denn im Zuge der Recherche zu diesem Kleinod unseres Kulturblogs, erfuhr ich, dass es Teller mit Vertiefung erst seit dem 16. Jahrhundert gibt. Bis dahin aß man auf Brettern oder Platten. Diese Erkenntnis macht unser „Kleinod des Monats“ noch interessanter, denn diese 12 präsentierten Teller sind aus jenem Jahrhundert.
Jeder einzelne Teller ist mit einer passenden Szene aus einem unserer Kalendermonate geschmückt. Der Name des Monats ist jeweils in das Geschehen des Bildes integriert und das passende Sternzeichen erscheint am oberen Rand der Abbildungen. Den Tellerrand ziert bei allen 12 die gleiche Bordüre, bestehend aus Fabelwesen, Henkelvasen und zarten floralen Mustern.
Gefertigt wurden die Teller in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts im französischen Limoges. Diese Stadt war zu dieser Zeit ein europäisches Zentrum für exklusiven Tafelschmuck in der Technik des Maleremails. Die Könnerschaft in dieser Fertigkeit, aber auch das ab dem 18. Jahrhundert erzeugte Porzellan, machten diese Kunstfertigkeit zu einem, bis heute, dominierenden Wirtschaftszweig Limoges.
Der französische Kupferstecher Entienne Delaune (1519-1583) lieferte die Vorlagen für die Bemalung der emaillierten Kupferteller, die jeweils einen Durchmesser von 19,8 cm besitzen. Delaune schuf hunderte Zier- und Schmuckmotive von erlesener Qualität und technischer Präzision. Jahrelang arbeitete er immer wieder für das französische Königshaus bis er, zur Zeit der Bartholomäusnacht, Paris aus Sicherheitsgründen verließ.
Die Technik des Maleremail ist eine beeindruckende Kunstform, denn dabei werden auf einen mit Schmelzschicht überzogenen Metallgrund, ohne Verwendung von Furchen oder Stege, andere Emailschichten aufgebracht und wie beim Malen eines Bildes verwendet. Formgebende Linien können dabei durch Metalleinlagen betont hervorgehoben werden.
Aus der Ferne scheinen die Teller einander zu ähneln, was jedoch auf die Grisaille-Technik zurückzuführen ist. Grisaille ist eine seit dem Mittelalter angewandte Maltechnik, bei der nur die Farben Schwarz, Weiß und Grau eingesetzt werden. In dieser auch Graumalerei genannten Kunstform wird, auf Grund der Licht- und Schattenwirkung, die Plastizität oder auch Dreidimensionalität hervorgehoben. Da die Dominanz und das dekorative Element der Farbe entfällt wirken Bilder dieser Malweise sehr subtil und feinsinnig auf den Betrachter.
Die monatlichen Darstellungen sind detailliert durchdacht, denn sie spiegeln das Tun und Treiben der Menschen im Jahresrhythmus wider. Eine signifikante Szene der menschlichen Tätigkeit, zu jedem Monat passend, dominiert die Mitte jedes Tellers. Diese Beschäftigungen sind jedoch immer in ein landschaftliches oder häusliches Ambiente eingebunden, und vermitteln dabei die Verbundenheit der Menschen zueinander und zur Umwelt.
Dazu zeigen noch kleiner dargestellte Szenen Tätigkeiten anderer Arbeiter, die für die Hauptszene unabdingbar sind und symbolisieren damit die Wichtigkeit des Gemeinschaftswesens. Denn ohne den Schäfer ist der Schafscherer ein Niemand, genauso, wie es für ein wärmendes Feuer den Holzarbeiter braucht.
Doch auch Fauna und Flora sind in den Kreislauf mit einbezogen. Wiesen, Äcker und Bäume zieren fast jedes Bild. Arbeitstiere runden die Darstellungen ab, aber um Futter bettelnde Hunde, oder dem Sämann, Körner stibitzende Vögel können uns ein Lächeln entlocken. Die Schattenbildung der Füße hat der Meister des Entwurfs ebenfalls nicht vergessen.
Liebe Leute, falls jetzt noch bei jemandem die Frage auftaucht, warum keine Spuren von Messer und Gabel auf den Tellern zu finden sind – weil sie dafür nie verwendet wurden. Arbeiten von so hoher Qualität dienten nur Repräsentationszwecken.
Euer, Kultur Jack!