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Der Porträtist einer Epoche – John Singer Sargent

Der Porträtist einer Epoche – John Singer Sargent

Für eine erfolgreiche Karriere als Maler, ist in der gegenwärtigen Zeit ein abgeschlossenes, akademisches Studium nicht zwingend notwendig. Ein gutes Beispiel für diese Behauptung ist Arnulf Rainer, denn er verbrachte nur ganz wenige Tage in Hochschul-Ateliers und Hörsälen, weil er, auf Grund von Kontroversen mit dem Akademiebetrieb, seine Studien abbrach. Obwohl Autodidakt, zählt er trotzdem, weltweit, zu den berühmtesten und erfolgreichsten Künstlern der Gegenwart.
Im 19. Jahrhundert, war ein abgeschlossenes Akademiestudium, für den Aufstieg zum Kunst -Olymp unerlässlich! Generell stimmt das, jedoch wenige Ausnahmen gab es trotzdem, und eine davon war der Künstler unseres heutigen Beitrags.

 

John Singer Sargent hatte eine sehr unkonventionelle Kindheit, jedoch der Grundstein für das Ungewöhnliche wurde bereits vor seiner Geburt gelegt. Seine Eltern lebten in Philadelphia, und ihr erstes Kind starb im Alter von 2 Jahren. Das führte zum Zusammenbruch der Mutter und zu einer radikalen Änderung im Leben der Familie. Mary Singer war 1854, nach dem traurigen Ereignis, der Meinung, dass sie nur im Ausland ihre Gesundheit wiederfinden könnte.

 

So planten sie und ihr Mann, eine Zeit lang, in Europa zu leben, und die erste Station ihres neuen Lebens wurde, nachdem sie in Liverpool gelandet waren, das französische Aquitanien. Nach dem ersten verbrachten Winter in der Stadt Pau, entschlossen sich aber nach Florenz zu ziehen, wo 1856 John geboren wurde.

 

Mit Johns Geburt hatte auch bereits sein Nomadenleben begonnen, denn um klimatische Extreme zu vermeiden, blieb die Familie, selten länger als einige Monate, in derselben Stadt. Dieser Lebensstil änderte sich nicht, und das machte für John und seine nachfolgenden vier Geschwister einen regelmäßigen Schulbesuch unmöglich – die Kinder wurden zu Hause selbst unterrichtet.

 

Zum regelmäßigen Unterricht daheim gehörte Zeichnen und Malen, und John zeigte großes Talent, welches er wahrscheinlich von seinem Vater geerbt hatte. 1868 zogen die Sargents von Nizza nach Rom und dort erhielt er den ersten, professionellen Malunterricht bei Charles Feodor Welsch.

 

1871 unternahm Singer, gemeinsam mit Welsch, eine Studientour durch Tirol und im Herbst übersiedelte die Familie nach Dresden. Grund der Übersiedlung, obwohl der Winter im Norden bevorstand, war, dass Dresden eine ausgezeichnete Kunstschule besaß, welche John für ein Jahr besuchte.

 

1871, zurück in Florenz, erhielt John, neben einem Studium in einer mittelmäßigen Akademie, Unterricht bei dem Amerikaner Edwin White. Hier arbeitete er erstmalig mit anderen amerikanischen Studenten zusammen, und davon profitierte er enorm, denn er lernte von diesen Studierenden, verschiedenste Malweisen, welche sie in den besten Hochschulen der Welt erworben hatten.

 

Im Jahr 1874 zog die Familie nach Paris, wobei erstmals die Ausbildung Johns im Vordergrund stand. Der Maler Carolus – Duran, zu dieser Zeit einer der gefragtesten Porträtisten Frankreichs, nahm ihn als Schüler an. Dieser Lehrer hatte eine eher unkonventionelle Art seine Schüler zu unterrichten, indem er auf Zeichnen keinen Wert legte. Carolus – Duran selbst lehrte auch seinen ungewöhnlichen Malstil, indem er beim Porträtieren Farbflächen nebeneinandersetzte, aber diese Arbeitsweise kam John, bei seinen Studien, sehr entgegen. Sein Lehrer war ein großer Bewunderer von Diego Velazquez, und dessen Meisterwerk „Las Meninas“, inspirierte Sargent, 1882, zu seinem bedeutenden Frühwerk „Die Töchter des Edward Darley Boit“.

 

Unter seinen Zeitgenossen, empfand John Begeisterung für das Werk von Edouard Manet und große Bewunderung für die aufkommenden Impressionisten. Er selbst reichte 1884 sein Porträt „Madame X“ für den Pariser Salon ein, jedoch löste dieses Bild einen Skandal aus, da, vom moralischen Standpunkt aus, zu viel nackte Haut zu sehen war.

 

Sein anerzogenes Nomadentum legte John nicht ab, sondern bereiste in den 80er-Jahren malend ganz Europa, und begann Bekanntheit als Landschaftsmaler und Porträtist zu erlangen. 1886 verlegte der Künstler seinen Wohnsitz nach London, wurde dort jedoch, nicht sofort enthusiastisch gefeiert.
Sein Stern als Porträtist ging vorerst in den USA auf, die Sargent 1887 besuchte. Auf Grund seiner, bis dahin, vervollkommneten, technischen Brillanz, erhielt er bei diesem Besuch, überraschend viele Aufträge.

 

Seine locker-leichte Pinselführung und die Fähigkeit, nicht nur Menschen abzubilden, sondern sie auch noch mit Charakter und Seele auszustatten, ließen nur wenige Jahre nach seiner Rückkehr vergehen, bis ihm auch der europäische Kontinent zu Füßen lag.

 

In London hatte er das Atelier seines Freundes, und ebenfalls begnadeten Porträtisten, James McNeill Whistler bezogen. Die Welt des Adels und des Geldes überhäufte Sargent mit Aufträgen, und im Laufe der nächsten Jahre stieg er, weltweit, zum gefragtesten und teuersten Porträt-Maler seiner Epoche auf. Der englische Kunsthändler Wertheimer allein, bestellte insgesamt 12 Bilder, die seine Familie zeigen.

 

Es folgten Mitgliedschaften an etlichen Akademien und Kunsthochschulen, sowie viele Einzellausstellungen. Seine, oft lebensgroßen, Porträts heimsten wiederholt Auszeichnungen und Medaillen ein. Neben Whistler pflegte er Freundschaften mit Claude Monet, Auguste Rodin, Giovanni Boldini und Anders Zorn. A Star was born!

 

Ab 1900 wurde die Landschaftsmalerei für Sargent immer wichtiger und ab 1907 widmete er sich nur mehr diesem Sujet. Er musste schon lange nicht mehr auf Bestellung arbeiten, und seine Freilicht-Malerei, auf Reisen mit Malerkollegen durch ganz Europa, gaben ihm seine Freiheit und Selbstbestimmung wieder.

 

Die Jahre des 1. Weltkriegs verbrachte er, natürlich wieder reisend und malend, in den USA und Kanada. Seine letzten großen Werke, nach seiner Rückkehr nach Europa, thematisierten den Weltkrieg.
Im April 1925 überraschte John Singer Sargent eine Herzattacke, an der er, in seinem Londoner Domizil, im Schlaf starb.

 

Sargent Erfolg beruht auf seinem, technisch meisterhaft, und dem Impressionismus zugewandten Malstil, aber auch die Fähigkeit, mehr als nur ein Abbild eines Menschen, auf die Leinwand zu bringen. Auguste Rodin verlieh ihm den schmeichelhaften Titel „Van Dyck unserer Zeit“.

 

Auf Grund seiner, bei ihm wirklich lebenslangen Reisetätigkeit, kommen wir Europäer in den Genuss, einem der erfolgreichsten und bedeutendsten amerikanischen Maler am Beginn des 20. Jahrhunderts, in etlichen Museen unseres Kontinents begegnen zu dürfen.
Euer, Kultur Jack!

Foto Beitragsbild: „Carnation, Lily, Lily, Rose, En.ArtsDot.com

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !