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Gotik in Amerika – Grant Wood

Gotik in Amerika – Grant Wood

Die meisten berühmten Maler suchten, in jungen Jahren, nach ihrem Mal-Stil und ihren Bildthemen. Nach Findung ihrer Bildsprache erlangten sie blitzartig, kontinuierlich oder aber erst posthum Berühmtheit. Spätere Generationen bewunderten dann ihr Gesamtwerk mit all ihren Höhepunkten und eventuellen Schwächen.
Ganz wenigen Künstlern ist es vergönnt eines Tages ein Bild zu malen, welches aus ihrem ohnehin imposanten Oeuvre so weit heraussticht, dass es für ihre Zeitgenossen zum Synonym für diesen Maler und ferneren Jahrgängen zu einer Ikone der Kunstgeschichte wird.
Geschafft haben das Leonardos „Mona Lisa“, Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrring“,

 

Edvard Munchs „Schrei“ und Warhols „Suppendosen“.

 

Noch einigen Andere glückte es, und auf jeden Fall auch dem heutigen Protagonisten unseres Kulturblogs: Grant Wood.

 

Wood wurde auf einer Farm in Iowa in eine Quäkerfamilie hineingeboren. Als Jugendlicher absolvierte er eine Lehre in einem Metallbetrieb, aber schon früh war auch sein Interesse an Zeichnen und Malen erwacht. Dass er einiges Talent dazu hatte sieht man daran, dass er schon 14-jährig einige Preise gewann. Durch den Erfolg motiviert schrieb er sich an einer Kunstschule ein, arbeitete als Silberschmied, und absolvierte ab 1913 Abendkurse an der „School of the Art Institute of Chicago“, brach aber 1916 sein Studium ab.

 

Als Soldat während des 1. Weltkriegs war er für die Tarn-Bemalung der Militärfahrzeuge verantwortlich. Nach Ende des Krieges führten 4 Reisen Grant nach Europa und zu dieser Zeit war sein Stil impressionistisch.

 

1927 erhielt er von der Stadt Cedar Rapids, wo er auch lebte, den Auftrag ein Glasfenster für ein Veteranen Memorial zu entwerfen, und das führte ihn, zwecks handwerklicher Recherche, zum letzten Mal nach Europa – München. Dort verbrachte er viel Zeit in der Alten Pinakothek in Bewunderung und Studium der altniederländischen Manier eines Jan van Eyck, aber auch Dürer und die Holbeins beeindruckten ihn sehr Die Wiederbelebung des Realismus durch die „Neue Sachlichkeit“ lernte er zu dieser Zeit in Deutschland ebenfalls kennen.
Mit diesem Wissen gerüstet und mit einem für ihn ganz neuen Stil, kam Wood zurück in die Vereinigten Staaten. Mit der Hinwendung zum Realismus und zu amerikanischen Themen malte Grant 1929 in der neuen Technik ein Bild das seine Mutter zeigt und gleich sein 2. Gemälde wurde sein Meisterwerk – American Gothic.

 

Inspiriert zu dem Bild wurde Wood von einem Haus in neugotischem Stil mit einem Spitzbogenfenster unter dem Dach, das er zufällig entdeckt hatte. Vor das Haus stellte er einen Bauer mit Heugabel und eine weibliche Person, die entweder seine Frau oder Tochter sein kann. Als Modelle dienten ihm sein Zahnarzt und seine Schwester.

 

Wood reichte das Bild zu einem Wettbewerb des „Art Institute of Chicago“ ein, gewann damit die Bronze –Medaille, verbunden mit $ 300.- und das Bild wurde außerdem vom Museum angekauft. Das Gemälde wurde in vielen Zeitungen publiziert, erlangte große Popularität, und Grant Wood wurde über Nacht berühmt. Nicht alle waren mit dem Bild glücklich – die Einwohner von Iowa wollten allgemein nicht so dargestellt werden. Das Bild zählt heute zu den bekanntesten und populärsten Werken der amerikanischen Kultur des 20. Jahrhunderts und ist unzählige Male parodiert worden.

 

Wood begann, unter anderem mit Vorträgen, den Regionalismus in der Kunst zu fördern und gründete, nahe seiner Heimatstadt Cedar Rapids, die „Stone City Art Colony“, mit dem Ziel lokalen Künstlern zu helfen die Weltwirtschaftskrise zu überleben.

 

Ab 1934 war Grant Wood Dozent an der „School of Art“ der Universität von Iowa und die Landschaftsmalerei wurde für ihn ein einträglicher Erwerbszweig. Er war zu dieser Zeit nur mehr an seinem eigenen Stil interessiert und das frühere impressionistische Licht- und Schattenspiel wurde nebensächlich.

 

Seinem neuen Weg blieb er sein ganzes Leben lang treu, es wurde nur mehr verfeinert und perfektioniert. Die Landschaften wurden wellig, idealisiert und mit kräftiger Färbung versehen, so dass sie auch eine wenig den Gedanken an Comics aufkommen ließen.

 

Kritiker sprachen Wood den Realismus ab, weil in seinen Bildern, obwohl in einer Zeit starker Industrialisierung entstanden, selten Maschinen oder Autos zu sehen sind.

 

Auf jede Fall ist Grant Wood auch als Porträtist eine Erfahrung wert, denn er nimmt dem Abgebildeten jede Strenge, indem er seiner Schwester als Attribute ein Küken und eine Pflaume in die Hand legt, oder der größte Teil des Bildes „melkender Junge“ das Hinterteil der Kuh zeigt.

 

Nichts lenkt den Blick des Betrachters von der dargestellten Person ab, denn der Hintergrund wäre gegen jede passende Farbe austauschbar.

 

Der „amerikanische Realismus“ endete mit dem Aufkommen des „Abstrakten Expressionismus“, und erst dieser Kunstströmung gelang es der arroganten Kunstwelt Europas eine anerkennende Verneigung zu entlocken. Auch Grant Woods Leben endete mit dem Realismus, denn er erlag nur 49-jährig einem Krebsleiden.

Liebe Leute, es ist nicht zu übersehen, dass Grant Wood die nordeuropäischen „Alten Meister“ und die „Neue Sachlichkeit“ eingehend studiert hat, und dadurch ist ihm eine Symbiose gelungen, die zutiefst amerikanisch erscheint.

 

Nach dem Höhenflug seines Schaffens zu Lebzeiten, kam nach seinem Tod der tiefe Fall, denn plötzlich hielt die Kritik sein Werk für zu populistisch und erst in den 70er Jahren besann man sich wieder seiner Kunst und sie fand ihren Weg zurück in alle großen Museen Amerikas.
„American Gothic“ jedoch hing von damals bis heute an ihrem angestammten Platz in Chicago. Und das mit vollem Recht, meint,
Euer Kultur Jack!

Foto Beitragsbild: Paul Wasneski

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !