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Komponieren hinter Gittern

Komponieren hinter Gittern

Liebe Kultur-Checker,

heute mache ich euch mit dem französischen Komponisten Oliver Messiaen und seinem Leben bekannt. Der Titel des heutigen Musikbeitrags ist ein wenig ungewöhnlich, aber ich habe mich für diese Überschrift entschieden, da das Gefängnis eine wichtige Rolle in seinem Komponieren spielte. Es geht um ein Schicksal und was alles im Leben eines Menschen passieren kann. Dennoch gelang es ihm so ein starkes Musikstück zu scheiben.

„Ich werde sagen: Ich habe diese Flamme diesen Augen gegeben, ich habe dem zweideutigen Lächeln des Mondes, dem Leuchten des Meeres, dem Samt der Pflaume diese zwei kindlichen Sterne entnommen, die sich dem Unendlichen öffnen.“

Schrieb die Mutter von Olivier Messiaen, eine Dichterin namens Cécile Sauvageals, als er noch nicht geboren war. Er wuchs in einer literarischen Familie auf – sein Vater war Englischprofessor und arbeitete an der Übersetzung von den Werken William Shakespeares. Olivier liebte Shakespeares Werke, er fühlte sich nicht nur zur Musik, sondern auch zum Schreiben hingezogen. Geboren in Jahr 1908 in Avignon, Südfrankreich, verbrachte er seine Kindheit Großteils bei seiner Mutter mit seinem Bruder.

Als die Familie im Jahr 1914 nach Grenoble zog, war sein Vater und Großvater im Krieg. Dieser Ort bedeutete Messiaen sehr viel, er fühlte sich mit ihm verbunden. Wahrscheinlich weil er dort auch seine andere Leidenschaft, das Schreiben, entdeckte. Mit acht Jahren bekam er seinen ersten Klavierunterricht. Ein Musiker zu sein, war seine Berufung, wie er selbst einmal sagte. Olivier machte sich ziemlich früh mit Werken von Ravel und Debussy vertraut und verbesserte sich Tag für Tag. Im Jahr 1919 begann er im Conservatoire (das Pariser Konservatorium) zu Studieren. Er entwickelte dort die Kunst des Improvisierens. Er war ein großartiger Musiker und er wusste genau was er tat – komponieren und selbst die Texte für seine Vokalwerke schreiben. Er war nicht nur Komponist, sondern auch Organist!

„Poèmes pour Mi“

Olivier Messiaen widmete seiner ersten Frau Claire Delbos, mit dem Spitznamen Mi, diesen Liederzyklus. Im Jahr 1936 schrieb er sowohl die Musik, als auch den Text dazu. Das war eine Hommage an deren Liebe und die starke Freundschaft zwischen den Zweien. Faszinierend an dem Werk ist, wie er das Neue Testament der Bibel adaptierte. Er kombinierte die Liebe, die er zu seiner Frau empfand und auch die Spiritualität. Olivier schrieb zuerst eine Fassung nur für Klavier und Sopran sowie bearbeitete er später, im Jahr 1937, das Stück für Orchester und Sopran. Auch heute noch wird dieser Zyklus gern vom Publikum gehört. Messiaen schrieb später zwei weitere Liederzyklen („Harawi“ und „Chants de terre et de le ciel“), aber nur der Erste wurde orchestriert.

Quelle: Berliner Philcharmonikeer

„Quartuor pour la fin du temps“

Ins Deutsche übersetzt heißt das Stück „Quartett vom Ende der Zeit“, ein sehr starkes Stück. Der Name des achtsätzigen kammermusikalischen Werks verrät, warum ich mich heute für den Titel dieses Musikbeitrags entschieden habe. Die Geschichte führt uns zum zweiten Weltkrieg im Jahr 1940, als Olivier in Gefangenschaft der Deutschen verharrte. Er schrieb nicht nur die Musik hinter den Gitterstäben, sondern er bekam sogar ein Klavier von den Lagerkommandanten. Dies ermöglichte ihm das Komponieren! Ja, das klingt verrückt, aber das Instrument wurde in den Waschraum gestellt, wo Messiaen spielen konnte und mit seinen Inspirationen arbeiten konnte.

Wie ich schon erwähnte, das Werk ist ein Kammermusikstück. Und das liegt ungewöhnlicherweise auf der Hand, da dort auch der Klarinettist Henri Akoka, der Geiger Jean Le Boulaire und der Cellist Étienne Pasquier in Gefangenschaft saßen. Wie ihr euch schon denken könnt, klang die Musik nicht voller Fröhlichkeit und Liebe. Der Ort und die Umstände hinterließen deren Spuren in diesem Musikwerk. Ebenfalls beeindruckend ist noch, dass sogar eine Uraufführung hinter Gitter stattfand! Am 15. Jänner 1941 vor 400 Kriegsgefangenen, wo Olivier selbst den Klavierpart übernahm. Das war sicher ein starker Moment in der Geschichte der Menschheit, nicht nur für die Musik! Die Umstände, die Jahre des Krieges, die Liebe des Komponierens, all das sollte uns allen zeigen, was wir alles schaffen können und wir dürfen nie aufgeben unsere Träume zu verfolgen. Dass wir Menschen – mit dem Beispiel der Lagerkommandanten und dem Klavier – immer etwas Gutes in uns haben.

Kurz nach Messiaens Rückkehr aus der Gefangenschaft, hat sein Werk auch große Aufmerksamkeit im Freien erhalten. Am 24. Juni 1941 gelang die erste französische Aufführung und am 15. Mai 1942 erschien das Quartett beim französischen Verlag „Durand“ im Druck. Bis heute wird dieses Werk noch gespielt und es sollte uns an diese Zeiten erinnern, voller Schmerz und Traurigkeit, damit jeder von uns versucht, Tag für Tag ein besserer Mensch zu werdem!

Quelle: Martin Fröst Official

Mit Liebe zur Musik,

eure Kultur Jacky

Über den Autor

Kultur Jacky

Kunst und Kultur sind nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf. Ich bin sehr interessiert an allem was Menschen bewegt: An der Musik die uns berührt, an schönen Bildern und Büchern, die mich zum Nachdenken bringen.Ich tauche in die Welt der schönen Momente ein und genieße sie jeden Tag. Mehr über mich