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Die Elixiere des Schreibens

Die Elixiere des Schreibens

E. T. A. Hoffmann

1776-1822

 Wann immer ich einen neuen Beitrag für unseren Blog schreibe, fühle ich mich schon sehr von der Muse geküsst und verwöhnt. Es stellt sich mir nie die Frage: „Was soll ich schreiben?“, sondern das Privilegierte: „Worüber möchte ich schreiben?“ Manchmal jedoch bedarf es nicht einmal dieses Gedanken, sondern ich werde zufällig inspiriert.

Diesmal kam die Inspiration von unerwarteter Seite: Kultur Jacky!

Sie schrieb vor 3 Wochen in ihrer Rubrik Musik über „die zwei schönsten Opernduette“, zu welchen sie Leo Delibes – Blumenduett- und Jacques Offenbach – Barcarole- erkor. Als ich den Beitrag las, war mir schlagartig klar, dass ich über den Ideen-Geber zu „Hoffmans Erzählungen“ schreiben werde.

Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns Brot – Beruf war fast sein ganzes Leben lang der eines Juristen. Die Gegenwart kennt ihn in erster Linie als Schriftsteller der Romantik., der aber, wie in den „Elixieren des Teufels“ auch die dunkle Seite der menschlichen Psyche zeigt.

In wessen Leben ging nicht einmal das wunderbare, in tiefster Brust bewahrte Geheimnis der Liebe auf! – Wer du auch sein magst, der du künftig diese Blätter liesest, rufe dir diese höchste Sonnenzeit zurück, schaue noch einmal das holde Frauenbild, das, der Geist der Liebe selbst, dir entgegentrat. Da glaubst du ja nur in ihr dich, dein höheres Sein zu erkennen. Weißt du noch, wie die rauschenden Quellen, die flüsternden Büsche, wie der kosende Abendwind von ihr, von deiner Liebe so vornehmlich zu dir sprachen? Siehst du es noch, wie die Blumen dich mit hellen freundlichen Augen anblickten, Gruß und Kuß von ihr bringend? – Und sie kam, sie wollte dein sein ganz und gar. Du umfingst sie voll glühenden Verlangens und wolltest, losgelöst von der Erde, auflodern in inbrünstiger Sehnsucht! – Aber das Mysterium blieb unerfüllt, eine finstere Macht zog stark und gewaltig dich zur Erde nieder, als du dich aufschwingen wolltest mir ihr zu dem fernen Jenseits, das dir verheißen. Noch ehe du zu hoffen wagtest, hattest du sie verloren, alle Stimmen, alle Töne waren verklungen, und nur die hoffnungslose Klage des Einsamen ächzte grauenvoll durch die düstere Einöde. – Du Fremder! Unbekannter! Hat dich je so namenloser Schmerz zermalmt, so stimme ein in den trostlosen Jammer des ergrauten Mönchs, der in finsterer Zelle der Sonnenzeit seiner Liebe gedenkend, das harte Lager mit blutigen Tränen netzt, dessen bange Todesseufzer in stiller Nacht durch die düsteren Klostergänge hallen. Aber auch du, du mir im Inneren Verwandter, auch du glaubst es, dass der Liebe höchste Seligkeit, die Erfüllung des Geheimnisses, im Tode aufgeht. – So verkünden es uns die dunklen weissagenden Stimmen, die aus jener, keinem irdischen Maßstab meßlichen Urzeit zu uns herübertönen, und wie in den Mysterien, die die Säuglinge der Natur feierten, ist uns ja auch der Tod das Weihefest der Liebe!—

                                                                    (Die Elixiere des Teufels)

Hoffmann war noch Komponist, Kapellmeister, Musikkritiker, Karikaturist und Zeichner. Sein wirklicher  dritter Vorname war Wilhelm, aber aus Verehrung für Mozart tauschte er ihn gegen Amadeus aus.

Es begibt sich wohl, dass besagten Musikanten unsichtbare Hände urplötzlich den Flor wegziehen, der ihre Augen verhüllte, und sie erschauen, auf Erden wandelnd, das Engelsbild, das, ein süßes unerforschtes Geheimnis, schweigend ruhte in ihrer Brust. Und nun lodert auf in reinem Himmelsfeuer, das nur leuchtet und wärmt, ohne mit verderblichen Flammen zu vernichten, alles Entzücken, alle namenlosen Wonnen des höheren, aus dem Innersten emporkeimenden  Lebens, und tausend Fühlhörner streckte der Geist aus in brünstigen Verlangen und umnetzt die, die er geschaut, und hat sie und hat sie nie, da die Sehnsucht ewig dürstend fortlebt! – Und sie, sie selbst ist es, die Herrliche, die, zum Leben gestaltete Ahnung, aus der Seele des Künstlers hervorleuchtet als Gesang – Bild – Gedicht!

                                                                  (Lebensansichten des Kater Murr)

 Seine Kompositionen waren keineswegs erfolglos und auch seine Märchen erfreuten sich großer Beliebtheit. Sie sind heute noch genauso wunderbar zu lesen wie die eines Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso oder Friedrich de la Motte Fouqué, welche auch seine Freunde waren. Was für ein Ideenreichtum, Liebe zur Sprache und Fantasie!

Vielleicht bist du, o mein Leser, auch so wie ich, des Sinnes, dass der menschliche Geist selbst das wunderbarste Märchen ist, das es nur geben kann. – Welch eine herrliche Welt liegt in unserer Brust verschlossen! Kein Sonnenkreis engt sie ein, der ganzen sichtbaren Schöpfung unerforschlichen Reichtum überwiegen ihre Schätze! – Wie so tot, so bettelarm, so maulwurfsblind wär unser Leben, hätte der Weltgeist uns Söldlinge der Natur nicht ausgestattet mit jener unversieglichen Diamantgrube in unserem Inneren, aus der uns in Schimmer und Glanz das wunderbare Reich aufstrahlt, das unser Eigentum geworden! Hochbegabt die, die sich dieses Eigentums recht bewusst! Noch hochbegabter und selig zu preisen die, die ihres inneren Perus Edelsteine nicht allein zu erschauen, sondern auch heraufzubringen, zu schleifen und ihnen prächtigeres Feuer zu entlocken verstehen. – Nun! – Sancho meinet, Gott solle den ehren, der den Schlaf erfunden, es müsse ein gescheiter Kerl gewesen sein; noch mehr mag aber wohl der geehrt werden, der den Traum erfand. Nicht den Traum, der aus unserem Inneren nur dann aufsteigt, wenn wir unter des Schlafes weicher Decke liegen – nein! – den Traum, den wir durch das ganze Leben fortträumen, der oft die drückende Last des irdischen auf seine Schwingen nimmt, vor dem jeder bittere Schmerz, jede trostlose Klage getäuschter Hoffnung verstummt, da er selbst, Strahl des Himmels in unserer Brust, entglommen, mit der unendlichen Sehnsucht die Erfüllung verheißt.

                                                                                     (Prinzessin Brambilla)

Jaques Offenbach hat Hoffmann nie kennengelernt, denn als jener starb war er gerade mal drei Jahre alt.  Die Grundlage für seine bezaubernde Oper bildet das Buch „Die Serapionsbrüder“.  Diese Brüder sind ein Männerbund, welcher sich in regelmäßigen Abständen trifft, und immer erzählt einer von ihnen eine ungewöhnliche Geschichte – eben solche wie über den „Tanzautomat Olympia“ oder „Nussknacker und Mäusekönig“. Und genau diese Erzählungen, die dort zum Besten gegeben werden, bilden, leicht verfremdet, das Handlungs- Gerüst der Oper „Hoffmanns Erzählungen“.  Jedem, der seinen Geist beflügeln lassen möchte, seien diese wundervollen Geschichten ans Herz gelegt.

Nur Ludwig saß in seinem Hinterstübchen, ganz vertieft und versunken in die herrliche, bunte, phantastische Welt, die ihm vor dem Flügel aufgegangen ; er hatte soeben eine Symphonie vollendet, in der er alles das, was in seinem Innersten erklungen, in sichbarlichen Noten festzuhalten gestrebt, und es sollte das Werk, wie Beethovens Kompositionen der Art, in göttlicher Sprache von den herrlichen Wundern des fernen, romantischen Landes reden, in dem wir, in unaussprechlicher Sehnsucht untergehend, leben; ja es sollte selbst, wie eines jener Wunder, in das beengte dürftige Leben treten und mit holden Sirenenstimmen die sich willig Hingebenden hinauslocken.

Das ist der Traum, dessen Flügel so lieblich auf und nieder rauschen, wenn er wie ein frommes Kind sich an die Brust des Menschen legt und mit einem süßen Kuß das innere Auge weckt, dass es vermag, die anmutigsten Bilder eines höheren Lebens voll Glanz und Herrlichkeit zu erschauen.

                                                                          (Die Serapionsbrüder)

Aber auch in der Romantik kam der Humor nicht zu kurz.

Ach, es geschah euch vielleicht noch nie, dass ihr irgend ein Lied singen wolltet vor Augen, die euch aus dem Himmel herab anzublicken schienen, die euer ganzes, besseres Sein verschönt auf euch herniederstrahlten und dass ihr auch wirklich anfingt und glaubtet, o Johannes, nun habe euer Laut die geliebte Seele durchdrungen, und nun, eben nun werde des Klanges höchster Schwung Tauperlen um jene zwei Sterne ziehen, mildernd und schmückend den seligen Glanz, – und die Sterne wandten sich geruhig nach irgendeiner Läpperei hin, etwa nach einer gefallenen Masche, und die Engelslippen verkniffen, unhold lächelnd, ein übermächtiges Gähnen, – und, Herr, es war weiter nichts, als ihr hattet die gnädige Frau ennuyiert.

                                                                                 (Kreisleriana)

 

Liebe Leute,für manchen Leser mag die Sprache der Literatur der Romantik ein wenig befremdlich klingen.  Das mag teilweise stimmen, aber wir blicken hier in eine Zeitströmung die 200 Jahre zurückliegt. Die honigsüßen Worte entschädigen uns vielleicht auch für die Widerwärtigkeiten, die in mancher Gegenwartsliteratur stecken, meint

Euer Kultur Jack!

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !