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Art Brut

Art Brut

Um die Mitte des 20. Jahrhunderts begann der Maler Jean Dubuffet nichtakademische, laienhafte und, in seinen Augen, alternative Kunstformen zu sammeln. Zumeist waren es Werke von Insassen psychiatrischer Anstalten.
1947 gründete er mit Freunden und Bekannten, welche das gleiche Ziel verfolgten, die „Compagnie de l´Art brut“. Dubuffet beanspruchte diesen Stilbegriff zwar für sich und seine Sammlung, jedoch hat sich dieser Name in der Kunstwelt, für die heute längst anerkannte Kunstform, eingebürgert.
Und mit diesem, relativ jungen, Zweig der Kunstgeschichte, befassen wir uns heute, und damit bleiben wir gleich in Österreich.
In den Jahren 1956 bis 1986 war der Psychiater Leo Navratil als  Primarius in der Nervenheilanstalt Gugging, nahe bei Wien, tätig. Damals begann er bildnerische Betätigung als Therapiemittel einzusetzen, und gelangte, bei manchen Patienten zu verblüffend ausdruckstarken Ergebnissen, und es kristallisierten sich echte Begabungen heraus.
Anfang der 80er – Jahre bekam Leo Navratil die Chance, auf dem Gelände der Anstalt, das „Haus der Künstler“ zu gründen, und in dieses zogen 18 Patienten ein, die ab diesem Zeitpunkt, die Möglichkeit hatten, in ihrem persönlichen Lebensbereich ihrer Leidenschaft nachzugehen. Heute sind die Künstler aus Gugging, international, ein fixer Bestandteil der Art Brut.
So, liebe Leute, lange genug eingeleitet, jetzt wollen ein paar Bewohner des Hauses der Künstler vorgestellt werden, und zwar die erste Generation:

AUGUST WALLA (1936-2001), schrieb tausende Seiten an Welt – und Lebensphilosophie, und seine Bilder sind meist von Figuren und religiösen und politischen (vom Nationalsozialismus, über Kommunismus hin zu den Parteien der 2. Republik)  Symbolen überfrachtet. Irgendwann waren ihm die Leinwände zu klein und er begann alles, was ihm dafür brauchbar erschien, zu bemalen. Seht Euch nur das Foto seines Zimmers an – wunderbar!

 

JOHANN HAUSER (1926-1996), erarbeitete sich mit seinen farbintensiven Darstellungen von Frauen, Symbolen, Tieren und Fahrzeugen jeder Art, einen Platz in der ersten Reihe dieser Künstlergemeinschaft.

 

JOHANN FISCHER (1919-2008), wurde von der Produktivität seiner Mitbewohner inspiriert und begann erst im Alter von 62 Jahren zu zeichnen.  Anfangs einzelne Figuren, später Häuser, Maschinen, Tiere, Pflanzen gemeinsam auf einem Blatt und die freien Stellen dazwischen füllte er mit seinen Texten über Philosophie, Österreich und Politik.

 

JOHANN GARBER (1947 geb.), breitet seine schwarz/weißen Tuscharbeiten bis an den äußersten Rand des Blattes aus und diese sind für Entdeckungsfreudige unerschöpflich (von Portraits, über Urlaubsreisen bis hin zu österreichischen Sehenswürdigkeiten). Wie August Walla, war ihm der begrenzte Raum des Bildes nicht mehr genug und er begann alle möglichen Objekte in seiner Umgebung zu bemalen. Übrigens, das bunt bemalte Ohr vor dem Wiener Funkhaus stammt ebenfalls von ihm.

 

OSWALD TSCHIRTNER (1920-2007) lebte und arbeitete gerne sehr in sich gekehrt, und sein Typus des Kopffüßlers, langgezogene Figuren, an denen man weder Geschlecht noch Kleidung erkennen kann und die in einer Art von Tentakeln enden, wurde eindeutig sein Markenzeichen.

 

Liebe Leute, was ich persönlich an den Bildern der Gugginger Künstler sehr schätze ist die Offenheit und Ehrlichkeit. Da wird in keiner Weise taktiert was sich möglicherweise gut verkaufen lässt, oder womit man den Betrachter provozieren oder schockieren könnte. Heute muss sich ein Künstler, zu Recht, sehr gut überlegen, in welchem Zusammenhang er beispielsweise ein Hakenkreuz in einem Werk unterbringt. August Walla musste das nie! Er und seine Mitstreiter haben das was in Ihnen war nach außen gestülpt und festgehalten. Wenn das nicht ehrlich ist!

Von der jüngeren Generation aus Gugging habe ich hier noch kein Beispiel gebracht, und aus diesem Grund wird es demnächst einen zweiten Beitrag zur Art Brut und dem Haus der Künstler  geben, verspricht
Euer Kultur Jack!

Über den Autor

Kultur Jack

Vor längerer Zeit in Wien geboren, und bis heute mit der Ortswahl glücklich! Da man von kultureller Leidenschaft allein schwer leben kann, bin ich, im kaufmännischen Bereich, selbständig tätig. Meiner Meinung nach, sollte man geistige Genüsse, nach deren Entdeckung, teilen und weitergeben, damit so viele Menschen wie möglich davon berührt werden. Es liegt ja auch im Sinne des Künstlers, sonst würde er ja kein Buch drucken lassen, oder Bilder zur Schau stellen. Mehr über mich !