Die „Pianistische Null“ der romantischen Klaviermusik
Die Pariser Luft
Es war der 12. Dezember 1831 in der französischen Hauptstadt Paris. Eine Stadt der klassischen Musik, ein Ort wo sich die besten Musiker Europas trafen und um einen Platz unter den Besten kämpften. Eine Stadt, die inspirierend war und den Musikern die Möglichkeit gab, frei zu komponieren. Dort war auch Friedrich Chopin, der auf Konzertreise war, und den die Umgebung begeisterte. Eigentlich sollte er in Warschau, seine Freunde im Novemberaufstand gegen die Russen unterstützen, aber sie empfahlen ihm, seinen Weg zu gehen. Und das tat er. Zuerst spielte er in Stuttgart und München, bevor er anschließend nach Paris kam. Dort wollte er bleiben! Er konzertierte in den größten Salons der Metropole und eroberte das Publikum, trotz der großen Konkurrenz. Wie er selbst schon in einem Brief an seinen Freunden schrieb „Ich weiß nicht, ob es irgendwo mehr Pianisten gibt als hier in Paris“. Dort lernte er den deutsch-französischen Pianisten Friedrich Kalkbrenner und den Ungarn Franz Liszt kennen. In den Augen von Chopin war Kalkbrenner, im Vergleich mit dem ungarischen jungen Pianisten, ein Meister an den Tasten. Und er schrieb an seine Freunde, dass Liszt für ihn eine Pianisten Null ist! Der junge ungarisch-österreichische Komponist konnte das nicht ahnen und an seiner Verehrung für Chopin, änderte sich nichts!
Chopin spielte sogar Kalkbrenner vor. Das Repertoire waren seine zwei Klavierkonzerte und etwas ganz Neues – die Skizzen zu der „Revolutionsetüde“, ein bis heute sehr schönes Stück.
Quelle: Ernst Müller
Nicht nur Kalkbrenner war von dem polnischen Pianisten beeindruckt, sondern auch der deutsche Journalist Heinrich Heine. Seitdem er Chopin für sich entdeckt hatte, war Liszt, trotz seiner Verehrung für ihn, nicht mehr sein Favorit. Der polnische Pianist war seine neue Nummer eins und er schrieb über ihn „Wie sehr ich auch Liszt liebe, es ist Chopin, der durch Vollendung und als Komponist das Höchste leistet!“ So begann der Durchbruch des Polen und er wurde, bis heute, zu einem der bedeutendsten Pianisten.
Heute habe ich mir zwei Pianisten der romantischen Klaviermusik ausgesucht, die ich sehr gerne höre und als ich auf den frechen Ausdruck „pianistische Null“ gestoßen bin, dachte ich mir, dass ich an das Thema näher herangehen muss. Die zwei Herren des heutigen Beitrags gehören zu der sogenannten Musik der Romantik, oder man bezeichnet sie als Musik des 19. Jahrhunderts. Eine der wichtigsten Eigenschaften der romantischen Musik ist die Betonung des gefühlvollen Ausdrucks. Und das schaffen die heutigen Beitragsgäste, Franz Liszt und Frédéric Chopin, mit ihrer Musik.
Der „wiedergeborene Mozart“
Franz Liszt kam früh mit der Musik in Berührung. Sein Vater war Verwaltungsbeamter und Musiklehrer im Dienst des Fürsten Nikolaus II. Esterhazy. Er spielte schon als Jugendlicher Cello im Sommerorchester des Fürsten und später als Cellist im Orchester in Eisenstadt/Kismarton unter der Leitung von Joseph Haydn. So konnte Franz sehr früh mit ausgezeichneter Musik in Berührung kommen. Sein Talent war, auch von seinem Vater, nicht zu überhören und dieser schickte ihn zu den besten Lehrern nach Wien. Die deutsche Sprache beherrschte er perfekt, da er im damaligen Königreich Ungarn, Kaisertum Österreich geboren wurde. Im jungen Alter von neun Jahren gab er sein erstes Klavierkonzert und befand sich auch, mit seinem geliebten Vater, auf einer Europareise, wo er als Wunderkind und der „wiedergeborene Mozart“ gefeiert wurde. Liszt war einer der bedeutendsten Klavierkomponisten Europas. Er lebte zwei Jahre in Italien und reiste über den Kontinent. Er war schließlich als Dirigent in Weimar. In dieser Zeit schrieb er viele seiner Kompositionen- insgesamt über 1300 Werke. Zwar waren dies Großteils Klavierstücke, aber er gab der orchestralen Musik deutliche Impulse.
Quelle: Andrea Bocelli
Dieses ist eines meiner Lieblingsstücke.
Die letzten Jahre
Liszt dirigierte viel zeitgenössische Musik, alleine 36 Mal Werke des großen Richard Wagner. Er begab sich ab 1865 auf eine Konzertreise, war in Rom, Budapest, Frankfurt und, und… und spielte meistens seine eigenen Werke. Im Jahr 1886 reiste Liszt wieder nach Bayreuth, aber die Reise war sehr anstrengend für ihn, er war krank. Wenige Tage nach seiner Ankunft, am 31. Juli 1886, verließ Liszt diese Welt und wurde dort auch begraben.
Frédéric Chopin
Der polnische Pianist und Komponist kam aus einer sehr liebevollen Familie – sein Vater war Franzose und seine Mutter Polin. Sein Talent war nicht zu überhören; er begann bereits mit sieben Jahren Klavier zu spielen, und hatte schon mit neun Jahren sein erstes Klavierkonzert. Die ersten 20 Jahre seines Lebens verbrachte er in Polen, aber aus beruflichen Gründen verließ er seine Heimat. Viele Leute verwechseln es und denken, dass er ein französischer Komponist war. Aber eines ist klar- genau wie Robert Schumann, Franz Liszt und Felix Mendelssohn Bartholdy, ist ein Repräsentant der Romantik!
Wien
Im Jahr 1829 kam er zum ersten Mal für drei Wochen nach Wien. Es war die Idee seiner Eltern, um damit seine künstlerische Erfahrung zu erweitern. Aber am 23. November 1830, im Alter von 20 Jahren, kam er erneut in die Stadt und wollte länger bleiben. Die Zeit wurde aber länger als geplant – bis 20. Juli 1831. In diesen Monaten versuchte er seine Kompositionen bei dem Musikverleger Carl Haslinger herauszugeben. Die acht Monate gestalteten sich schwer für ihn, das Wiener Publikum hatte sich verändert. Er spielte nur einen Konzert-am 11. Juni 1831. Das Stück war sein Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op.11. Er bekam Lob von der Presse, ABER nur für sein Klavierspiel und nicht für die Komposition.
Quelle:HarpsichordA6
In Chopin‘s Kompositionsstil entdeckt man die polnische Volksmusik, genau so wie die klassischen Traditionen Bachs, Mozarts und Schuberts. Die Pariser Zeit (5. Oktober 1831 bis 17. Oktober 1848) war ein Durchbruch für ihn! Diese Zeit kann man auch als „Blütezeit“ bezeichnen – da schuf er fast nur Werke für das Klavier. Er verbrachte 18 Jahre in der französischen Hauptstadt und wohnte in neun verschiedenen Wohnungen. Durch seine Auftritte in den Pariser Salons der Aristokratie war Chopin bald ein gesuchter und gut bezahlter Klavierlehrer. Er hatte etwa 150 Schüler, all die Kinder der Bourgeosie. Friedrich wurde zu einem Statussymbol und verdiente mit einem Unterricht (45 Minuten) umgerechnet 200 Euro. Aber er spielte auch weiter in den Salons, teils privat und erhielt sogar eine Einladung der königlichen Familie, im Palast Tuilerien zu spielen.
Die letzten Jahre
Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich und sein letztes Konzert gab er am 16.Februar 1848 in Paris, vor ausgewähltem Publikum. Sieben Tage später brach die Revolution in Paris aus und viele seiner Schüler flohen, dadurch verschlechterte sich aber auch seine finanzielle Lage. Er entschloss sich nach England und Schottland zu reisen. Zuerst kam er am 20. April kam nach London. Dort durfte er wieder vor einer königlichen Hoheit spielen, diesmal Königin Victoria. Später, wie er es auch geplant hatte, reiste er nach Glasgow, wo sich sein gesundheitlicher Zustand stark verschlechterte. Diese Zeit war für ihn ein Misserfolg und er entschloss sich weder nach Paris zurückzukehren, wo er am 17. Oktober 1849 starb.
Chopin und Liszt sind zwei außergewöhnliche Pianisten, die wohl zu den Besten aller Zeiten gehören! Das Verhältnis zwischen den beiden Ausnahmekünstlern ist, wie ich finde, sehr spannend. Ich könnte nicht sagen, wer der bessere Komponist ist – ihr vielleicht?
Eure Kultur Jacky