
Basilika San Francesco in Assisi

Wenige Protagonisten der Kirchengeschichte traten so konsequent und überzeugend auf wie Franz von Assisi (1181-1226). Sein Leben, nach dem Vorbild Jesu Christi, war derart beeindruckend, dass er bereits zwei Jahre nach seinem Tod von Papst Gregor IX. heiliggesprochen wurde. Im selben Jahr wurde auch mit dem Bau der Kirche, der der heutige Beitrag gewidmet ist, begonnen und zu der Papst Gregor IX., der Franziskus persönlich noch gekannt hatte, den Grundstein legte.
- Franz v. Assisi by El Greco, Foto: © The York Project
- Gregor IX. Foto: © Biblioteca comunale di Trento
Der Standort der Basilika liegt auf einem ehemaligen Hinrichtungsplatz am Rande der kleinen Stadt Assisi und war von Franziskus als Begräbnisplatz selbst gewählt worden. Gemäß seinem Vorbild Jesus, der auf einem Hinrichtungsplatz, Golgatha, gestorben war, wollte Franz, dass sein eigener Leichnam auf so einer Stätte seine letzte Ruhe findet. Der von ihm gegründete Orden breitete sich nach seinem Tod rasant über Europa aus, und deshalb wurde recht früh mit dem Bau der Kirche begonnen.
- Foto: © Pixabay
- Foto: © Andy Hay
Geplant und ausgeführt wurde die seltene Form einer Doppelkirche, wobei die beiden Gebäude übereinander lagen. Die Idee zu solch einem Komplex kam von Elias, einem Ordensbruder von Franz, der mit der Bauleitung beauftragt war. Durch die Hanglage der Kirche waren sehr aufwendige Arbeiten notwendig und somit wurde die Fertigstellung der Unterkirche erst mit dem Jahr 1239 abgeschlossen.
Die Unterkirche:
Die architektonische Form der Unterkirche entspricht einem Hauptschiff mit Querschiff und einigen Seitenkapellen. In der Apsis steht der päpstliche Altar, der 1230 aus einem einzigen Felsblock gehauen wurde. Die Kapellen sind verschiedenen Heiligen gewidmet.
- Eingang zur Unterkirche, Foto: © Georges Jansoone
- Päpstlicher Altar mit Fresken, Foto: © starlight
Die überreiche Ausstattung mit Fresken zeigt ein grandioses Bilderbuch der Malerei des 14. Jahrhunderts. Exemplarisch dafür sind in der ersten Kapelle der Zyklus zum Hl. Martin von Tours, des Sieneser Simone Martini (1284-1344), aber auch die Passionsgeschichte Christi von Pietro Lorenzetti (1280-1348).
- Hl. Martin wendet sich vom Leben als Ritter ab by Simone Martini, Foto: © The York Project
- Madonna dei Tramonti, Peitro Lorenzetti, Foto: © The York Project
Eine Wand des Querschiffes ziert die „Jungfrau mit den Engeln“ von Cimabue (1240-1302), der damit auch eine der ursprünglichsten Abbildungen des Hl. Franziskus schuf.
- Thronende Madonna mit Engeln und Franz v. Assisi, Foto: © The York Project
- Detail, Foto: © The York Project
Aus Furcht vor Reliquienhandel und Grabschändung wurde eine verborgene und geheime Felsengruft für den Leichnam Franziskus unter der Vierung der Basilika angelegt, deren Platz später in Vergessenheit geriet. Erst im 18. Jahrhundert wurde das Grabmal, im Zuge von Ausgrabungen, wiederentdeckt und für die Öffentlichkeit zugängig gemacht. Heute ist diese Stelle mit dem Steinsarg, der wohl am meisten frequentierte Platz der Kirche.
- Grabmal mit Steinsarg, Foto: © Dennis Jarvis
- Grabmal mit Steinsarg, Foto: © Jose Luiz
Die Oberkirche:
Ist die Unterkirche noch zu großen Teilen im romanischen Stil erbaut, präsentiert sich die Oberkirche bereits gotisch, wodurch aber, bis heute, die Gesamtbauzeit nicht geklärt ist. Klar hingegen ist, dass beim Bau der Oberkirche eindeutig gegen die Armutsregeln des Ordens verstoßen wurde, denn das Langschiff zählt zu den schönsten Innenräumen der italienischen Kirchenarchitektur.
- Oberkirche, Foto: © Matty.mary89
- Oberkirche Innen, Foto: © Starlight
Die immense Bedeutung für die Kunstgeschichte liegt jedoch nicht in der Architektur dieser Basilika, sondern im Freskenzyklus, der die Wände bedeckt. Diese Wandgemälde erzählen aus dem Leben des Heiligen, und deren Zuschreibung an Giotto di Bondone (1267-1337) pflichten die meisten Kunsthistoriker bei. Giotto ließ die flächige, zweidimensionale Abbildung der Figuren im byzantinischen Stil hinter sich, und verlieh ihnen Volumen und Struktur. Mit überzeugendem Faltenwurf der Gewänder und der Stellung der Figuren im Raum, erzeugte er erstmals den Eindruck von Dreidimensionalität beim Betrachter.
- Die Huldigung durch einen einfachen Mann, Foto: © The York Project
- Die Mantelspende, Foto: © The York Project
Der Künstler setzte sich intensiv mit Architektur auseinander, und auch wenn die Größenverhältnisse noch nicht stimmten, haben seine Gebäude unterschiedliche Betrachtungswinkel. Seine malerische Vorgehensweise lässt seine Konstruktionen plastisch erscheinen und macht ihn zu einem Vorboten der Entwicklung der Perspektive.
- Die Vision des Palastes, Foto: © The York Project
- Der Verzicht auf Besitztümer, Foto: © Web Gallery of Art
Giottos Abkehr von der traditionellen Malerei der Gotik zeigt sich auch darin, dass Landschaft, Flora und Fauna ihre dekorative Berechtigung beanspruchten. Die handelnden Figuren wurden nicht mehr parallel nebeneinander aufgereiht, sondern traten in Beziehung und Interaktion zueinander.
- Das Gebet vor dem Kreuz von San Damiano, Foto: © The York Project
- Der Traum Innozenz III. Foto: © The York Project
Im großen einschiffigen Kirchenraum sind den Fresken aus dem Leben des Heiligen, Szenen aus dem Alten Testament und dem Wirken Jesus gegenübergestellt. Damit wollte man die Wichtigkeit und den Bezug des Ordensgründers zu den Büchern der Bibel augenscheinlich machen.
- Die Vertreibung der Dämonen aus Arezzo, Foto: © The York Project
- Die Vogelpredigt, Foto: © wikimedia.org
Im Jahr 1997 wurde bei einem Erdbeben die Oberkirche und deren Fresken stark beschädigt. 120.000 Einzelteile mussten wieder in ihre ursprüngliche Position gebracht werden und ungefähr 70% der Fresken konnten wiederhergestellt werden. Obwohl in Assisi Häuser eingestürzt waren, wurde die Unterkirche wenig beschädigt und die Oberkirche wurde im Jahr 2000 für die Öffentlichkeit wieder zugängig gemacht.
- Die Stigmatisation, Foto: © wikimedia.commons
- Der Tod des Franziskus, Foto: © wikimedia.commons
Liebe Leute, alle Kunstinteressierten, die es irgendwann nach Umbrien verschlägt, sollten es sich nicht entgehen lassen, diese gewaltige zweifache Kirche zu besuchen und die meditative Strahlkraft ihres Innenlebens auf sich wirken zu lassen.
Euer Kultur Jack!
Beitragsbild: Pixabay