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Die blinde Pianistin

Die blinde Pianistin

Maria Theresia von Paradis, 1784

Maria Theresia Paradis, die österreichische Pianistin, Sopranistin und Musikpädagogin. Die Frau, die im Alter von 3 Jahren ihr Augenlicht verlor und trotzdem eine gefragte Musikerin wurde. Über sie erzähle ich euch heute, liebe Musikinteressierte.

Die Wienerin wurde am 15.Mai 1759 geboren und war eine begabte Frau. Die „Paradisgasse“ im 19. Wiener Gemeindebezirk erinnert uns seit 1894 an diese Persönlichkeit.  Das Leben als blinde Frau in der damaligen Zeit war bestimmt nicht einfach und erforderte noch mehr Disziplin und Übung beim Klavierspielen. Sie war nicht nur eine Interpretin auf der Bühne, sondern komponierte auch. Maria Theresia von Paradis schrieb zahlreiche Werke – mehrere Opern, Singspiele, Klaviermusik und Kammermusik. Alles Werke, die mit Erfolg auf der Wiener und Prager Bühne aufgeführt wurden. Leider sind viele Partituren davon verloren gegangen und daher ist es kaum möglich, etwas zu hören und sehen zu bekommen.

Maria Theresia Paradis bekam eine sehr gute Musikausbildung von den größten Pädagogen der damaligen Zeit. Unter den Namen ist der von Antonio Salieri, der ihr Harmonielehrer wurde, und der später als Freund der Familie verblieb. Sie war keine Verwandte der Kaiserin Maria Theresia, trotz des gleichen Namens, aber ihr Talent wurde vom Kaiserlichen Hof gesehen und anerkannt. Deswegen erhielt sie eine finanzielle Unterstützung, die sogenannte „Gnadenpension“.

Das Leben als Blinde
Maria Theresia konsultierte die angesehensten Wiener Ärzte, und ließ verschiedene medizinische Heilversuche über sich ergehen (darunter auch mit Elektrizität). Die Familie unterstütze sie und auch die Gesellschaft. Sie bekam alle möglichen Lehrmittel und Förderungen. Ihr Vater, Joseph Anton Paradis, damaliger Hofbeamter, machte sich nicht nur Sorgen um das Sehen seiner Tochter, sondern auch um ihr Gedächtnis. Er wollte sie immer dazu bringen, geistig fit zu bleiben, erkundigte sich über diverse Lernmethoden für seine einzige Tochter, und organisierte diese auch. Neben den plastischen Landkarten, an die auch ihr euch aus der Schulzeit erinnern könnt, gab es für das arme Mädchen auch eine tastbare Rechentafel für Mathematik. Sie lernte sogar das Alphabet durch, für sie geschaffene, erhabene, betastbare Buchstaben, die sie anfänglich auch zum Schreiben verwendete. Aber nicht nur ihre Muttersprache Deutsch konnte sie perfekt. Sie lernte auch Fremdsprachen, nur durchs Hören. Dass du als Mensch in eine reiche und wichtige Familie geboren wirst, wie die von Paradis, war damals genauso ein Privileg, wie heute. Ihr Vater war nicht nur irgendein Arbeiter der Mittelschicht, sondern ein Mann mit Namen. Und das half der jungen Dame bestimmt. Ein Beispiel dafür ist die Bekanntschaft mit dem berühmten, und genialen Architekten und Erfinder Wolfgang von Kempelen, der für sie persönlich eine Druckmaschine mit beweglichem, dreidimensional tastbarem Letternsatz entwickelte. Mit diesem Gerät konnte Maria Theresia Briefe schreiben und mit der Welt kommunizieren.

Quelle: The Cello Corner

Alles begann mit der Musik
Und das als sie sieben Jahre alt war. Durch die Bekanntschaften ihrer Eltern, erhielt sie die ersten Orgel- und Klavierunterrichte bei den besten Musikpädagogen dieser Zeit. Ihre musikalische Präzision verdankte sie dem beliebtesten Klaviermeister der Wiener Gesellschaft, dem angesehenen tschechischen Virtuosen und Musikpädagogen Leopold Kozeluch. Er schrieb für sie sogar Klavierkonzerte, die dann später von ihr selbst auf den Wiener Bühnen aufgeführt wurden. Diese waren sehr erfolgreich und die junge Musikerin begann eine dreijährige Musikreise durch Westeuropa, welche das Publikum begeisterte.
Von Antonio Salieri, den ich oben schon erwähnt habe, bekam sie ebenfalls Unterstützung. Noch ein Name in der Musikgeschichte, über den wir bereits in unserem Blog geschrieben haben. Er unterrichtete sie in Komposition und in Harmonielehre, und widmete seiner begabten Schülerin ein Orgelkonzert, welches sie in der Augustinerkirche aufführte.

Eine gescheiterte Heilung?
Am 20. Januar 1777 entschied sich die junge Pianistin bei dem populären Arzt Dr. Franz Anton Mesmer in Behandlung zu gehen. Ein großer Name unter der Wiener Ärzteschaft, der auch die Musik liebte und selbst Glasharfe spielte. Er war mit Christoph W. Gluck, Joseph Haydn und der Familie Mozart befreundet. Maria Theresia von Paradis zog in sein Haus (das als Klinik benutzt wurde), auf der Landstraße, im dritten Wiener Bezirk und ließ sich behandeln. Die 18- jährige erhoffte sich, durch seine Behandlung das Augenlicht wieder zu erlangen. Dr. Mesmer entwickelte eine sogenannte „Magnetische Kur“. Dabei versuchte er mit äußerlichem Bestreichen, und Stahlmagneten auf den kranken Organen des Patienten, das urmenschliche Magnetfeld wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Er hatte tatsächlich mit dieser Methode einige Erfolge erzielt. Er nannte die Behandlung „Animalischer Magnetismus“ und man findet den Begriff noch heute in den medizinischen Büchern. Obwohl in der damaligen Zeit, eine umstrittene Theorie, wird er heute trotzdem als Urvater der Hypnose und der Psychotherapie angesehen. Der Ehrgeiz des Dr. Mesmer war sehr groß und er wollte in diesem Fall, an dem alle seine Vorgänger gescheitert waren, erfolgreich sein! Und tatsächlich, nach wenigen Behandlungen, erklärte Maria Theresia von Paradis, dass sie sehen könne! Aber das hielt nicht lange an, und verlor sich schnell wieder. Die Behandlung und der umgestellte Lebensstil brachten jedoch auch Konsequenzen mit sich.

Das Klavierspiel, der jungen Pianistin, verlor seinen Anmut. Die zusätzliche Behandlung ihres Augenreizes irritierte ihre Konzentration, darunter litt ihre spielerische Fertigkeit, und das machte sich auch bei ihrem Publikum bemerkbar, für das sie ihre artistische Attraktion verloren zu haben schien. Die „Gnadenpension“ wurde in Frage gestellt und ihre Eltern machten sich große Sorgen um sie. Nach, immerhin fünf Monaten Behandlung in der Klinik, waren kaum Erfolge zu sehen, und auch aufgrund dieser langen Zeitspanne litt ihr Talent. Die Familie Paradis ergriff, letztendlich, das einzige Mittel und erzwang, per amtlicher Verfügung, das Verlassen ihrer Tochter aus der Mesmerischen Klinik.

Dies sprach sich herum und die Geschichte schadete dem Ruf des Arztes erheblich – nicht nur in der Ärzteschaft, sondern auch unter den Wienern. Am Höhepunkt dieser Situation, im Jahr 1778, entschied er sich nach Paris zu ziehen, weg von den Diskussionen und dem schlechten Ruf unter den Bürgern. Dort wurde er der Modearzt der Reichen und Berühmten. Seine ärztliche Behandlungsmethode, der „Magnetismus“, war auch in Frankreich bald umstritten, und schlussendlich wurde er vom französischen König als „Geisterverschwörung“ verboten.

Die Zeit nach der Klinik
Maria Theresia von Paradis konzentrierte sich mehr auf ihre pädagogischen Fähigkeiten und begann zu unterrichten. Ihre Zeit als große Pianistin war vorbei, aber sie galt als eine außerordentliche und gebildete Persönlichkeit. Sogar Mozart widmete ihr eines seiner Klavierkonzerte, vermutlich das Konzert in B Dur KV 456. Sie selbst komponierte weiter und schrieb neben Liedern, Kantaten, Kammermusik, Klavierkonzerten und Singspielen auch Opern. Aber wenig davon ist bisher erforscht. Maria Theresias einzige erhaltene Oper, das „ländliche Singspiel in drei Akten“, trägt den Titel „Der Schulkandidat“. Sie wurde zwischen 1792 und 1793 sechsmal aufgeführt, und zwar am Leopoldstädter Marinelli Theater, Wien.

Leider ist heute nicht möglich viele ihrer Werke zu hören, nichtsdestotrotz hat sich diese Persönlichkeit und ihr spannendes Leben, einen Platz in unserem Musikblog verdient.

Eure Kultur Jacky

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Beitragsbild: Ausschnitt aus dem Testament von Maria Theresia Paradis

 

Über den Autor

Kultur Jacky

Kunst und Kultur sind nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf. Ich bin sehr interessiert an allem was Menschen bewegt: An der Musik die uns berührt, an schönen Bildern und Büchern, die mich zum Nachdenken bringen.Ich tauche in die Welt der schönen Momente ein und genieße sie jeden Tag. Mehr über mich